1. Ich bin nichts, vermag nichts und darf nichts verlangen.
2. In Gottes Kraft kann ich zur Beständigkeit und Ruhe kommen.
3. Auf Menschenlob habe ich keinen Anspruch, und das Lob zu suchen ist Torheit.
4. Gott kann sich rühmen wegen seiner Größe, ich nur wegen meiner Schwachheit.
1. (Der Knecht:) Herr, "Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, was ist des
Menschen Sohn, daß du ihn besuchst ?" (Ps 8, 5). Wodurch hat der Mensch
verdient, daß du ihm deine Gnade schenkst? Herr, wie kann ich mich beklagen,
wenn du mich verläßt; oder was kann ich mit Recht einwenden, wenn du mir
nicht gewährst, um was ich bitte? (Gen 44, 16). Dies kann ich in Wahrheit
denken und sagen: Herr, ich bin nichts, ich kann nichts, ich habe von mir aus
nichts Gutes, ich versage in allem, und immer geht mein Sinnen auf das Nichts.
Wenn ich von dir nicht gestützt und innerlich geformt werde, bin ich ganz lau
und haltlos.
2. Du aber, Herr, "bist stets derselbe" (Ps 102,28) und bleibst immer und ewig: gut,
gerecht und heilig. Gut, gerecht und heilig wirkst und ordnest du alles in
Weisheit. Ich hingegen neige mehr zum Rückschritt als zum Fortschritt und
ändere meine Haltung immerfort; denn "sieben Zeiten wechseln über mir" (Dan
4, 13). Doch schnell wird es besser, wenn es dir gefällt, mir deine helfende Hand
zu reichen. Du allein kannst mir ohne menschliche Stütze beispringen und mich
in einem Maße stärken, daß "sich mein Antlitz nicht mehr abkehrt" (vgl. 1 Sam
1, 18), sondern daß mein Herz dir allein zugewandt ist und in dir ruht. Wenn ich
es doch verstände, auf allen menschlichen Trost zu verzichten, um die Gabe der
Andacht zu erlangen oder um dem starken Drang meiner Sehnsucht nach dir
begegnen zu können! Denn niemand hat ein Wort des Trostes für mich. Dann
könnte ich mit Recht auf deine Gnade hoffen und über das Geschenk einer
neuen Tröstung jubeln.
3. Dank sei dir, von dem alles Gute kommt, sooft es mir wohlergeht! Ich aber bin
vor dir eine Leere und ein Nichts, ein unbeständiger, schwacher Mensch.
Wessen könnte ich mich rühmen? Oder weshalb verlange ich nach Ansehen?
Vielleicht für das Nichts? Das wäre die größte Torheit. Wahrhaftig, die eitle
Ehre ist eine schlimme
Pest und eine Torheit ohnegleichen. Sie lenkt von der wahren Ehre ab und
beraubt uns der Gnade des Himmels. Wenn der Mensch sich selbst gefällt,
mißfällt er dir, wenn er nach Menschenlob giert, geht er der wahren Tugend
verlustig. Wahre Ehre und heiliges Frohlocken ist es, sich in dir zu rühmen,
nicht in sich selbst; sich deines Namens zu freuen, nicht an der eigenen Tugend
und am Geschöpflichen Gefallen zu finden, es sei denn zu deiner Ehre.
4. Dein Name sei gepriesen, nicht der meine; dein Werk werde verherrlicht, nicht
das meine. Gebenedeit sei dein heiliger Name, mir aber werde kein
Menschenlob zuteil. Du bist mein Ruhm, Du der Jubel meines Herzens. In dir
will ich mich rühmen, in Dir den ganzen Tag frohlocken, mich selbst aber will
ich höchstens "meiner Schwäche wegen rühmen" (2 Kor 12, 5). "Mögen die
Juden Ehre voneinander suchen" (Joh 5,44), ich suche den Ruhm, der allein von
Gott kommt. Aller Menschenruhm, alle zeitliche Ehre, alle Hoheit der Welt ist,
verglichen mit deiner ewigen Herrlichkeit, eitle Torheit. Meine Wahrheit, mein
Erbarmen, mein Gott! Heilige Dreieinigkeit! Dir allein sei Lob, Ehre, Macht und
Ruhm durch die endlose Ewigkeit.