Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



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Philothea - Sanftmut gegen sich selbst

Franz von Sales  |  Philothea - 9. Kapitel


Die Sanftmut können wir gut an uns selbst üben, indem wir über uns oder unsere Fehler niemals in Zorn geraten. Gewiß verlangt die Vernunft, daß uns die Fehler mißfallen und leidtun, aber dieses Mißfallen darf nicht bitter, ärgerlich und zornig sein. Darin fehlen viele, die nach einem Zornausbruch in Zorn geraten, weil sie zornig waren; sie ärgern sich über ihren Ärger und dadurch sind sie die Ursache, daß ihr Herz immer von Zorn wie durchtränkt ist. Wenn es auch scheint, als ob der zweite Zorn den ersten aus der Welt schaffen sollte, in Wirklichkeit bahnt er doch schon einen neuen Zornausbruch für die nächste Gelegenheit an. Übrigens laufen dieser Zorn und Ärger, diese Erbitterung über sich selbst auf den Stolz hinaus, ihre Wurzel ist die Eigenliebe, die sich aufregt und in Unruhe gerät, weil sie uns noch unvollkommen findet.
Der gewiß notwendige Abscheu vor unseren Fehlern muß also ruhig, ernst und fest sein. Das Strafurteil des Richters über den Verbrecher ist wirkungsvoller, wenn der Richter sein Urteil ruhig und mit Vernunftgründen fällt, als wenn er es heftig und leidenschaftlich tut. Denn urteilt er leidenschaftlich, dann straft er die Fehler nicht nach der Schwere des Vergehens, sondern nach der Stärke seiner Leidenschaft. So strafen wir uns selbst auch wirksamer durch eine ruhige und beharrliche Reue als durch eine verbitterte, aufgeregte und zornige. Für eine heftige und ungestüme Reue ist der Maßstab nicht die Größe der Sünde, sondern die Heftigkeit unserer Neigungen. Wer z. B. die Keuschheit liebt, wird über den geringsten Fehler gegen diese Tugend mit beispielloser Bitterkeit aufgebracht sein, über eine schwere Verleumdung dagegen, die er begangen hat, nur lachen. Ein anderer wieder haßt die üble Nachrede und wird sich wegen einer geringfügigen Nörgelei abquälen, eine schwere Sünde gegen die Keuschheit aber nicht einmal beachten, usw. Das alles kommt davon, daß das Gewissen nicht nach der Vernunft, sondern aus Leidenschaft urteilt.

Philothea: Gewissenhafte Arbeit mit Gott ohne Unruhe und Hast


Philothea von Franz von Sales 10. Kapitel
 
Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt, die unsere Arbeit auszeichnen sollen, sind wohl zu unterscheiden von Unruhe, Ängstlichkeit und Übereilung. Die Engel kümmern sich um unser Heil und erfüllen diese Aufgabe mit Sorgfalt, aber ohne Unruhe, Aufregung und Hast. Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt sind Eigenschaften ihrer Liebe! Aufregung und Überhastung aber wären mit der Seligkeit der Engel nicht vereinbar. Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt stören den Frieden und die Ruhe der Seele nicht, wohl aber Ängstlichkeit, Hast und aufgeregte Geschäftigkeit. 
Sei sorgfältig und gewissenhaft in allen Obliegenheiten. Gott hat sie dir anvertraut und will, daß du große Sorgfalt darauf verwendest. Vermeide aber dabei jede Ängstlichkeit und Aufregung, d. h. verrichte sie ohne Unruhe, ohne ängstliche Besorgnis oder hitzigen Eifer. Verrichte deine Arbeit niemals hastig, denn jede aufgeregte Hast trübt Vernunft und Urteil; damit hindert sie uns, eine Sache gut zu machen, auf die wir solch blinden Eifer verwenden.

Philothea: Sanftmut - Mittel gegen den Zorn

Der heilige Chrisam, dessen man sich nach apostolischer Überlieferung in der Kirche Gottes für die Firmung und die Weihen bedient, ist zusammengesetzt aus Olivenöl und Balsam; sie versinnbilden zwei kostbare, überaus begehrenswerte Tugenden, die an der Person des göttlichen Heilands erstrahlen. Er hat sie uns so eindringlich empfohlen, als würde durch diese beiden Tugenden unser Herz in besonderer Weise seinem Dienst geweiht und für seine Nachfolge bestimmt. "Lernt von mir", sagt er, "denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen'' (Mt 11,29). Die Demut macht uns vollkommen vor Gott, die Sanftmut dem Nächsten gegenüber. Wie schon früher (vgl. 4. Kapitel) erwähnt, sinkt der Balsam in allen Flüssigkeiten zu Boden; damit ist er ein Sinnbild der Demut. Das Olivenöl schwimmt obenauf; dadurch versinnbildet es die Sanftmut und Güte, die über allem steht und alle Tugenden überragt. Sie ist ja die Blüte der Liebe, die nach dem hl. Bernhard ihre Vollkommenheit erreicht, wenn sie nicht nur geduldig, sondern auch sanftmütig und gütig ist.
Sei aber darauf bedacht, daß Sanftmut und Demut in deinem Herzen wohnen.

Philothea: Vom Gehorsam

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  dritter Teil /  11. Kapitel 

Vollkommen macht uns allein die Liebe; Gehorsam, Keuschheit und Armut aber sind die drei großen Mittel, zur Vollkommenheit zu gelangen.
Der Gehorsam weiht unser Herz, die Keuschheit unseren Leib, die Armut unseren Besitz der Liebe und dem Dienst Gottes. Sie sind die drei Arme des geistlichen Kreuzes; alle drei aber stehen auf dem Stamm der Demut.
Hier will ich nicht vom feierlichen Gelübde dieser drei Tugenden sprechen, das betrifft ja nur die Mönche; auch nicht von den einfachen Gelübden. Das Gelübde fügt zwar den Tugenden viel Gnade und Verdienst hinzu, es ist aber zur Vollkommenheit nicht notwendig, sie zu geloben, sondern sie zu üben. Wenn sie als Gelübde, besonders als feierliche Gelübde übernommen werden, dann stellen sie den Menschen in den Stand der Vollkommenheit; aber um den Menschen vollkommen zu machen, genügt es, sie zu üben. Zwischen der Vollkommenheit und dem Stand der Vollkommenheit ist ja ein großer Unterschied: Alle Bischöfe und Ordensleute sind im Stande der Vollkommenheit, leider aber nicht alle vollkommen, wie es nur zu offenkundig ist.

Philothea: Vom Ertragen

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  dritter Teil /  3. Kapitel 

"Euch tut Geduld not, damit ihr nach Erfüllung des göttlichen Willens die Verheißung erlangt'' (Hebr 10,36). Ja, denn "durch die Geduld wirst du von deiner Seele Besitz ergreifen'', spricht der Herr (Lk 21,19). Darin liegt das große Glück des Menschen, wenn er von seiner Seele Besitz ergriffen hat. Je vollkommener unsere Geduld ist, desto vollkommener besitzen wir unsere Seele.
Denke oft daran, daß der Heiland uns durch Leiden und Dulden erlöst hat; auch wir können unser Heil nur wirken durch Leiden und Kummer, durch möglichst geduldiges Ertragen der Schwierigkeiten, Widerwärtigkeiten und Unannehmlichkeiten.

Philothea: Die echten Freundschaften.

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  dritter Teil /  19. Kapitel

Liebe jeden mit echter, starker Nächstenliebe; Freundschaft dagegen schenke nur solchen, die mit dir Verbindung in wertvollen Dingen aufnehmen können. Je höher die Werte sind, die ihr einander mitteilt, um so vollkommener wird eure Freundschaft sein. Wenn ihr eure wissenschaftlichen Kenntnisse austauscht, so ist eure Freundschaft gewiß lobenswert; noch besser ist sie, wenn ihr einander zur Tugend der Klugheit, der taktvollen Mäßigung, der Stärke und Gerechtigkeit aneifert; wenn ihr einander aber die Liebe, die Frömmigkeit, die christliche Vollkommenheit vermittelt, wie wertvoll wird dann eure Freundschaft sein! Sie wird eine ausgezeichnete sein, weil sie von Gott kommt, weil sie auf Gott hinzielt, weil Gott ihr Band ist, weil sie ewig in Gott weiterleben wird. 

Philothea: Stoßgebete und fromme Gedanken

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 13. Kapitel 

Man zieht sich zu Gott zurück, wenn man sich zu ihm erhebt; und man erhebt sich zu ihm, um sich in ihn zurückzuziehen. So sind die Erhebungen zu Gott und das Zurückziehen in die geistige Einsamkeit eng miteinander verbunden; beide entspringen frommen Erwägungen.
Erhebe dich also oft zu Gott durch kurze, feurige Herzensgebete. Bewundere seine Schönheit, bitte ihn um Hilfe, wirf dich im Geiste am Fuß des Kreuzes nieder, bete seine Güte an, befrage ihn oft über dein Seelenheil, schenke ihm deine Seele von neuem, richte deine Augen auf seine Liebe. Reiche ihm die Hand, wie ein Kind dem Vater, daß er dich führe; lege ihn auf dein Herz, wie einen Blumenstrauß; richte ihn in deiner Seele auf wie eine Standarte und halte dein Herz in Bewegung, so gut du nur kannst, damit du ihm die Liebe zu Gott einflößen und eine lebhafte, zärtliche Liebe zum göttlichen Bräutigam in ihm zu wecken vermagst.
In solcher Weise übe die Stoßgebete, die der große hl. Augustinus so eindringlich der frommen Frau Proba empfahl. Wenn unser Geist ständig vertraulich und innig mit Gott verkehrt, dann wird er ganz vom Duft göttlicher Vollkommenheit durchdrungen werden.

Philothea: Die geistliche Einkehr

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 12. Kapitel

Hier will ich dich recht besorgt wissen, meinen Ratschlägen zu folgen; denn in diesem Kapitel findest du eines der sichersten Mittel zum geistlichen Fortschritt.

Sooft es dir tagsüber möglich ist, rufe deinen Geist in die Gegenwart Gottes zurück auf eine der vier Arten, die ich dir angegeben habe. Denke an das, was Gott tut und womit du dich beschäftigst. Du wirst sein Auge auf dir ruhen sehen, das mit unbeschreiblicher Liebe ständig auf dich gerichtet ist. Warum, mein Gott, wirst du sagen, blicke ich nicht ständig auf Dich, wie Du immer auf mich schaust? Warum denkst Du so oft an mich, Herr, und ich denke so selten an Dich? Wo bist du, meine Seele? Deine wahre Heimat ist Gott; wo aber sind wir tatsächlich? 

Philothea: Trockenheit bei der Betrachtung


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 9. Kapitel 

Kommt es vor, daß du an der Betrachtung keinen Geschmack und keine Freude findest, so bitte ich dich: beunruhige dich deshalb nicht! Verrichte in solchen Zeiten mündliche Gebete; klage beim Herrn über dich selbst, bekenne deine Unwürdigkeit, bitte ihn um seine Hilfe und sprich mit Jakob: "Ich lasse nicht von Dir, o Herr, Du segnetest mich denn" (Gen 32,26), oder mit der Kanaaniterin: "Ja, Herr, ich bin ein Hündlein, aber die Hunde fressen doch auch die Brosamen, die vom Tisch des Herrn abfallen" (Mt 15,27). - Ein anderes Mal nimm ein Buch zur Hand, lies es aufmerksam, bis dein Geist wieder rege und ausgeruht ist. Oder sporne dein Herz an durch körperliche Bewegungen oder fromme Haltung. Empfindest du nach all dem noch immer keine Freude, dann rege dich darüber nicht auf, so groß auch die Dürre deiner Seele sein mag; bleib einfach in frommer Haltung vor Gott.

Philothea: Nützliche Ratschläge für die Betrachtung

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 8. Kapitel 
 
1. Es ist vor allem notwendig, daß du nach der Betrachtung die Entschlüsse, die du in ihrem Verlauf gefaßt hast, festhältst und tagsüber sorgfältig ausführst. Sie sind ja die große Frucht der Betrachtung, ohne die sie nicht nur unnütz, sondern oft sogar schädlich ist, weil bloß betrachtete, aber nicht geübte Tugenden Geist und Herz nur aufblähen. Man meint dann, das zu sein, wozu man sich entschlossen hat; das stimmt dann, wenn die Entschlüsse lebendig und fest sind; das sind sie aber nicht, sondern eitel und gefährlich, wenn sie nicht ausgeführt werden. Deshalb muß man sich auf jede Weise bemühen, sie auszuführen, und dazu die Gelegenheiten suchen, die großen wie die kleinen.
Habe ich mir z.B. vorgenommen, durch Güte jene zu gewinnen, die mich beleidigt haben, so suche ich an diesem Tag den Betreffenden zu begegnen, um sie freundlich zu grüßen; kann ich sie nicht treffen, dann will ich wenigstens gut von ihnen sprechen und für sie beten.

Philothea: Schluß und geistlicher Blumenstrauß


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 7. Kapitel

Beschließe die Betrachtung mit drei Dingen, die du so demütig wie möglich verrichten sollst. 

Das erste: die Danksagung. Danke Gott für die Affekte und Entschlüsse, die er dir gegeben, für seine Güte und Barmherzigkeit, die du in der Betrachtung von neuem geschaut hast.

Das zweite: die Aufopferung. Opfere Gott seine Güte und Barmherzigkeit auf, das kostbare Blut, das Leiden und Sterben, die Tugenden seines Sohnes, und in Vereinigung mit ihnen deine Affekte und Entschlüsse.

Philothea: Dritter Teil der Betrachtung - Affekte und Entschlüsse


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 6. Kapitel 


Die Betrachtung weckt Regungen des Herzens im Willen, dem Sitz der Affekte: So die Liebe zu Gott und dem Nächsten, die Sehnsucht nach dem Himmel, den Eifer für das Heil der Seelen und für die Nachfolge Christi, Mitleid, Bewunderung, Freude, Furcht vor Gottes Ungnade, vor dem Gericht und der Hölle, Haß gegen die Sünde, Vertrauen in Gottes Güte und Erbarmen, Scham über das frühere Sündenleben. In diesen Affekten soll sich die Seele ergießen und entfalten, soviel es ihr nur möglich ist. Brauchst du dazu Hilfe, so nimm den ersten Band der Betrachtungen von Don Andrea Capiglia zur Hand und lies seine Vorrede, in der er zeigt, wie man seine Affekte vertieft; noch eingehender spricht davon P. Arias in seiner Abhandlung über die Betrachtung.

Philothea: Zweiter Teil der Betrachtung - die Erwägungen


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 5. Kapitel

Nach der Tätigkeit der Vorstellungskraft kommt die des Verstandes, die wir Betrachtung nennen. Sie besteht in einer oder mehreren Erwägungen, die unser Herz für Gott und Göttliches erwärmen
sollen. Dadurch unterscheidet sich die Betrachtung vom Studium, von anderen Gedanken und Erwägungen, deren Zweck nicht das Erlangen einer Tugend oder der Gottesliebe ist, sondern etwa gelehrt zu werden oder darüber schreiben und disputieren zu können.
Hast du also deinen Geist in den Betrachtungsstoff eingeschlossen - durch die Phantasie, wenn er sinnfällig, durch die einfache Vorstellung, wenn er geistiger Natur ist, - dann beginne darüber Erwägungen anzustellen; Beispiele dafür findest du in den Betrachtungen des ersten Teils.
Findet dein Geist Geschmack, Licht und Frucht an einer Erwägung, dann bleib dabei, ohne weiterzugehen, wie die Bienen von einer Blume nicht fortfliegen, solange sie Honig in ihr finden. Findest du aber nichts an einer Erwägung, nachdem du davon gekostet hast, dann geh zu einer anderen über, - aber immer ganz einfach, ruhig und ohne Hast.

Philothea: Dritter Teil der Vorbereitung - die Vorstellung des Geheimnisses

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 4. Kapitel

Außer diesen zwei gewöhnlichen Vorbereitungspunkten gibt es noch einen dritten, der aber nicht für alle Betrachtungen zutrifft. Er hat verschiedene Bezeichnungen und besteht darin, daß man sich den Vorgang, den man betrachten will, so vorstellt, als spiele er sich wirklich und tatsächlich vor unseren Augen ab.

Philothea: Zweiter Teil der Vorbereitung - die Anrufung

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 3. Kapitel 
 

Die Anrufung geschieht folgendermaßen: Fühlt sich die Seele in Gottes Gegenwart, dann wirft sie sich ehrfurchtsvoll vor der göttlichen Majestät nieder im Bewußtsein ihrer Unwürdigkeit, vor Gottes Hoheit zu verbleiben. Da sie aber weiß, daß Gottes Güte dies will, bittet sie um die Gnade, in dieser Betrachtung ihm einen wohlgefälligen Dienst, eine würdige Anbetung zu erweisen.
Wenn du willst, kannst du dich dabei kurzer und feuriger Gebete bedienen, wie der Worte Davids:

Philothea: Erster Teil der Vorbereitung: sich in Gottes Gegenwart versetzen

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 2. Kapitel 


Kurze Betrachtungsmethode
 
Du weißt vielleicht nicht, wie du das innerliche Gebet pflegen sollst; leider verstehen das heute nur wenige. Ich will dir eine kurze Anleitung dafür geben. Später wirst du ja durch Bücher, die davon handeln, und besonders durch die Übung deine Kenntnisse vervollständigen.
Die Vorbereitung besteht aus zwei Teilen: 

1. sich in Gottes Gegenwart versetzen; 
2. um seinen Beistand bitten.

Um sich in Gottes Gegenwart zu versetzen, schlage ich hauptsächlich vier Mittel vor, die dir für den Anfang dienen können.

Philothea: Die Notwendigkeit des Gebetes.

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  zweiter Teil / 1. Kapitel 
 

Verschiedene Ratschläge, um die Seele durch das Gebet und die Sakramente zu Gott zu erheben.

1. Nichts ist geeigneter, unseren Verstand von Unwissenheit und unseren Willen von seinen verderbten Anhänglichkeiten zu reinigen, als das Gebet, das unseren Verstand in die Helle göttlichen Lichtes rückt und unseren Willen der Wärme göttlicher Liebe aussetzt.

Das Gebet ist die segensreiche Quelle, deren belebende Wasser die Pflänzchen unserer guten Wünsche zum Grünen und Blühen bringen, jeden Makel von unserer Seele hinwegspülen und das
von Leidenschaft erhitzte Herz abkühlen.

Philothea: Wir müssen uns von Charakterfehlern läutern

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  24. Kapitel 

Wir haben gewisse natürliche Anlagen, die zwar nicht sündhaften Ursprungs und daher weder schwere noch läßliche Sünde sind. Wir müssen sie aber Unvollkommenheiten nennen; ihre Wirkungen sind Fehler und Verfehlungen. So war die hl. Paula nach Hieronymus sehr zur Trauer und Schwermut veranlagt, so daß sie beim Tod ihres Mannes und ihrer Kinder Gefahr lief, vor Gram zu sterben. Das war eine Unvollkommenheit, keine Sünde; es geschah ja gegen ihren Willen und ohne ihre Zustimmung.

Philothea: Wir müssen uns von der Anhänglichkeit an Unnützes und Gefährliches reinigen

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  23. Kapitel 

Spiele und Tänze, Gastmähler, Festlichkeiten und Schauspiele, dies alles ist seiner Natur nach nicht schlecht, sondern gleichgültig; es kann zum Guten wie zum Bösen gebraucht werden. Eine gewisse Gefahr steckt aber immer in diesen Dingen; besonders gefährlich ist die Liebe zu ihnen. lch sage also: Wenn es auch erlaubt ist, zu spielen, zu tanzen, sich zu putzen, anständige Schauspiele anzusehen, an einem Festessen teilzunehmen, so ist es doch der Frömmigkeit abträglich, ja äußerst schädlich und gefährlich, eine Vorliebe dafür zu haben.

Philothea: Wir müssen uns von der Anhänglichkeit an läßliche Sünden reinigen.

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  22. Kapitel 

Je heller es wird, desto deutlicher sehen wir im Spiegel Flecken und Unsauberkeiten an unserem Gesicht. Ebenso sehen wir in dem Maße, als das innere Licht des Heiligen Geistes unser Gewissen erleuchtet, an ihm deutlicher und klarer Sünden, Neigungen und Unvollkommenheiten, die uns daran hindern können, die wahre Frömmigkeit zu erlangen; und dasselbe Licht, das uns diese Mängel und Schwächen zeigt, erwärmt unser Herz, daß es seine Reinigung und Läuterung anstrebe.

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