Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



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Philothea: Feierliche Erklärung als Abschluß der verschiedenen Bußübungen

Sie will der Seele den Entschluß einprägen, Gott zu dienen

Ich versetze mich in die Gegenwart Gottes und des ganzen himmlischen Hofes. Ich habe die unendliche Barmherzigkeit seiner göttlichen Güte erwogen, gegen mich, sein unwürdiges und schwaches Geschöpf, das er aus dem Nichts erschaffen, erhalten, aus so vielen Gefahren befreit, mit so vielen Wohltaten überhäuft hat.

Philothea: Zehnte Betrachtung - Wahl des frommen Lebens

 Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  18. Kapitel

Vorbereitung

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Demütige dich vor ihm. Bitte ihn um seine Hilfe.


Erwägungen

1. Stelle dir wieder vor, du seist auf weitem Felde, allein mit deinem Schutzengel. Zur Linken denke dir Satan auf hohem Throne, umgeben von höllischen Geistern und einer großen Schar von Lebemenschen, die ihn entblößten Hauptes als ihren Herrn anerkennen und ihm huldigen, die einen durch diese Sünde, die anderen durch jene. Beachte die Haltung der unseligen Höflinge dieses abscheulichen Fürsten: Die einen wüten in Haß, Neid und Zorn; die anderen morden sich gegenseitig; wieder andere sind bleich in sich verbohrt vor Gier nach Reichtümern; andere der Eitelkeit ergeben, nur auf unsinnige und nichtige Vergnügungen bedacht; andere gemein, verliert und verkommen in ihrer zügellosen Gier. Sieh, wie unruhig sie alle sind, zerfahren, unbeherrscht. Sieh, wie sie einander verachten, und Liebe nur heucheln. Mit einem Wort, du hast vor dir ein unseliges, bedauernswertes Volk, bedrückt von einem verfluchten Fürsten.

2. Sieh, zur Rechten Jesus am Kreuz, wie er mit herzlicher Liebe für diese armen Untertanen Satans betet, damit sie sich von seiner Tyrannei befreien; wie er sie zu sich ruft. Um ihn versammelt siehst du eine große Schar Frommer mit ihren Schutzengeln. Betrachte die Schönheit dieses Reiches der Frömmigkeit: Wie herrlich ist diese Schar jungfräulicher Männer und Frauen anzusehen, weißer als Lilien; diese Witwenschar, geschmückt mit heiliger Selbstüberwindung und Demut. Sieh die Eheleute, die so herzlich miteinander leben und einander mit einer Ehrfurcht begegnen, die nicht denkbar ist ohne eine große Liebe. Sieh, diese Frommen verbinden die Sorge um das Hauswesen mit der Sorge um ihr Innerstes, die Liebe zum Gatten mit der Liebe zum himmlischen Bräutigam. Sieh dich um: Du findest sie alle in heiliger, gütiger, liebevoller Haltung; sie hören auf unseren Herrn und alle möchten ihn in ihrem Herzen tragen. Sie freuen sich, aber ihre Freude ist schön, liebevoll, geordnet. Sie lieben einander, aber ihre Liebe ist heilig und ganz rein. Wer unter diesen Frommen ein Leid trägt, quält sich nicht viel damit und verharrt in beherrschter Haltung. Sieh, wie der Anblick des Heilands sie erfreut, wie alle einmütig zu ihm hinstreben.

Philothea: Neunte Betrachtung - Wahl des Himmels

 Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  17. Kapitel

Vorbereitung

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Demütige dich. Bitte, daß er dich erleuchte. Stelle dir vor, du seist auf weitem Felde, ganz allein mit deinem Schutzengel, wie der junge Tobias, als er nach Rages zog. Er zeigt dir in der Höhe den Himmel offen, mit allen Freuden, die du in der vorausgehenden Betrachtung erwogen hast; dann in der Tiefe die gähnende Hölle, mit allen Qualen, wie sie in der Betrachtung von der Hölle beschrieben sind.


Erwägungen

Nachdem du dich durch diese Vorbereitung zwischen Himmel und Hölle gestellt siehst, knie in Gegenwart deines Schutzengels nieder und erwäge:

Philothea: Achte Betrachtung - Der Himmel

 Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  16. Kapitel

Vorbereitung

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Rufe Gott um seinen Beistand an.


Erwägungen

1. Denke an eine schöne, helle Nacht. Wie herrlich ist der Himmel mit seinen funkelnden Sternen! Zu dieser Pracht füge die eines strahlenden Tages, aber so, daß der Glanz der Sonne nicht den der Sterne und des Mondes überstrahle. Und dann sage kühn: Alle diese Schönheit zusammengenommen ist nichts gegen die Herrlichkeit des Himmels. Wie begehrenswert, wie liebenswert ist doch dieser Ort, wie kostbar diese Stätte!

2. Erwäge den Adel, die Schönheit, die große Zahl der Bürger dieses glücklichen Reiches: Millionen von Engeln, Cherubim und Seraphim; die Scharen der Apostel, Märtyrer, Bekenner, Jungfrauen und heiligen Frauen. Unermeßliche Schar, selige Gemeinschaft! Der Geringste unter ihnen ist herrlicher anzuschauen, als die ganze Welt, - welche Seligkeit, sie alle zu sehen! Und, o mein Gott, wie glücklich sind sie! Sie singen immerdar das liebliche Lied der ewigen Liebe. Sie erfreuen sich eines nie versiegenden Frohsinns. Sie beglücken einander in unsagbarer Weise. Sie leben in der Freude einer seligen, unzertrennlichen Gemeinschaft.

Philothea: Siebente Betrachtung - Die Hölle

 Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  15. Kapitel

Einleitung des Herausgebers
Die Gerichtsbeschreibungen von Franz von Sales stammen aus einem katholischen Kontext und stimmen daher nur teilweise mit der Sichtweise des Herausgebers überein. Neuoffenbarungen wie die von Jakob Lorber z.B. legen ein endliches Gericht nahe (Rückführung der Schöpfung / Allversönung).



Vorbereitung

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Demütige dich vor ihm. Bitte ihn um seinen Beistand. Stelle dir eine düstere Stadt vor, eingehüllt in Qualm von Pech und Schwefel, voll von Menschen, die sie nicht verlassen können.


Erwägungen

1. Die Verdammten im Abgrund der Hölle sind wie in einer solchen Stadt des Unglücks. Sie leiden unsagbare Qualen an allen Sinnen und Gliedern. Da sie diese zur Sünde mißbraucht haben, müssen sie an ihnen die Strafe der Sünde erleiden. Die Augen müssen den fürchterlichen Anblick der Teufel und der Hölle ertragen für die falschen und sündhaften Blicke; die Ohren werden nur mehr Weinen, Klagen und Verzweiflungsschreie hören, weil sie einst lasterhaften Reden zuhörten; ähnlich alle anderen Sinne.

Philothea: Sechste Betrachtung - Das Gericht

 Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  14. Kapitel

Einleitung des Herausgebers

Die Gerichtsbeschreibungen von Franz von Sales stammen aus einem katholischen Kontext und stimmen daher nur teilweise mit der Sichtweise des Herausgebers überein. Neuoffenbarungen wie die von Jakob Lorber z.B. legen ein endliches Gericht nahe (Rückführung der Schöpfung / Allversönung).

Vorbereitung

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte, daß er dich erleuchte.


Erwägungen

1. Nach Ablauf der Zeit, die Gott für die Dauer der Welt bestimmt hat, nach Vorzeichen, die so furchtbar sein werden, daß die Menschen vor Entsetzen vergehen (vgl. Lk 21,26), wird ein Feuerregen gleich einem Wolkenbruch auf die Erde fallen und alles in Asche verwandeln. Nichts von allem, was wir sehen, wird davor verschont bleiben.

Philothea: Fünfte Betrachtung - Der Tod

 Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  13. Kapitel

Vorbereitung


Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte ihn um seine Gnade. Stelle dir vor, du liegest todkrank auf dem Sterbebett, ohne Hoffnung, dem Tod zu entrinnen.


Erwägungen

1. Erwäge, wie unbestimmt der Tag deines Todes ist: Meine Seele, du wirst eines Tages deinen Leib verlassen. Wann aber? Im Winter oder Sommer? In der Stadt oder auf einem Dorf? Während des Tages oder zur Nachtzeit? Unerwartet oder vorhergesehen? Durch eine Krankheit oder einen Unfall? Wirst du vorher beichten können? Wird dir dein Beichtvater oder Seelenführer beistehen? Von all dem wissen wir leider gar nichts. Nur das eine ist sicher, daß wir sterben werden - wahrscheinlich früher, als wir denken.

Philothea: Vierte Betrachtung: Die Sünde


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  12. Kapitel 
 
Vorbereitung 

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte ihn um sein Licht.


Erwägungen

1. Denke zurück an die Zeit, da du zu sündigen begonnen. Sieh, wie sich die Sünden seit jenem ersten Mal in deinem Herzen vervielfacht haben; von Tag zu Tag sind sie zahlreicher geworden: Sünden wider Gott, gegen dich selbst, wider deine Mitmenschen; Sünden durch Handlungen, Worte, Begierden, Gedanken.

Philothea: Dritte Betrachtung: Gottes Wohltaten

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  11. Kapitel 

Vorbereitung:  

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte ihn um sein Licht.


Erwägungen.  

1. Betrachte die äußeren Güter, die Gott dir gab: deinen Leib, die Möglichkeiten, ihn zu pflegen; die Gesundheit, erlaubte Freuden, deine Freunde, vielfache Hilfe, die du brauchst... Denke voll Mitleid, wieviele Menschen, die besser sind als du, diese Wohltaten entbehren müssen; ihnen fehlt die Gesundheit, der Gebrauch der Glieder; sie sind der Verachtung und Schande preisgegeben oder leben in Armut. Gott hat nicht zugelassen, daß du dieses Los teilst.

Philothea: Zweite Betrachtung: Unser Ziel

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  10. Kapitel


Vorbereitung

Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte, daß er dich erleuchte.

Erwägungen

1. Gott hat dich in das Leben gerufen, nicht etwa weil er dich gebraucht hätte; du kannst ihm doch nichts nützen. Er hat dich geschaffen, einzig um an dir durch das Geschenk seiner Gnade und seines Reichtums seine Güte zu betätigen. Deshalb gab er dir den Verstand, ihn zu erkennen; das Gedächtnis, dich seiner zu erinnern; den Willen, ihn zu lieben; die Phantasie, seine Wohltaten dir vorzustellen; die Augen, seine wunderbaren Werke zu sehen; die Zunge, ihn zu preisen; deshalb gab er dir auch all die anderen Fähigkeiten.

2. In dieser Absicht bist du erschaffen und zur Welt gekommen; darum mußt du alles verwerfen und meiden, was ihr widerspricht, als nichtig und überflüssig betrachten, was ihr nicht dient.
3. Wie unglücklich sind doch irdisch gesinnte Menschen, die daran nicht denken, sondern so leben, als wären sie nur auf der Welt, um Häuser zu bauen, Bäume zu pflanzen, Reichtümer aufzuhäufen und Kindereien zu treiben.

Philothea: Erste Betrachtung: Die Schöpfung.



Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  9. Kapitel 

Vorbereitung  
 
Versetze dich in Gottes Gegenwart. Bitte ihn um sein Licht.


Erwägungen. 

1. Es ist noch nicht lange her, da warst du noch nicht auf der Welt, warst in Wahrheit nichts. Wo waren wir damals, meine Seele? Die Welt existierte schon lange - und man hatte von uns noch nichts gehört.

2. Gott hat dich aus diesem Nichts hervorgehen lassen, um dich zu dem zu machen, was du bist, ohne daß er dich gebraucht hätte, einzig durch seine Güte.

3. Betrachte die Natur, die Gott dir gegeben: Sie ist die volkommenste der sichtbaren Welt, befähigt zum ewigen Leben und zur vollkommenen Vereinigung mit der göttlichen Majestät.

Philothea: Wie geschieht diese Reinigung?


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  8. Kapitel 

Der erste Beweggrund für diese zweite Reinigung ist die lebendige und starke Überzeugung, daß die Sünde ein großes Übel ist, und eine tiefe, aufrichtige Reue als Folge dieser Erkenntnis. Ist diese Reue echt, so reinigt sie uns in Verbindung mit der Kraft des Sakramentes von der Sünde, selbst wenn sie nicht sehr tief wäre. Ist sie aber stark und lebendig, dann befreit sie uns außerdem von jeder Anhänglichkeit an die Sünde. Ein schwacher Haß, eine bloße Abneigung bewirkt, daß man den Gegenstand des Hasses nicht leiden kann und seine Gesellschaft meidet. Ein leidenschaftlicher, tödlicher Haß dagegen läßt uns nicht nur jenen meiden und verabscheuen, den man haßt; vielmehr fliehen wir auch den Verkehr mit seinen Verwandten und Freunden, ja wir verabscheuen sogar sein Bild und alles, was mit ihm zu tun hat. Wer die Sünde mit einer zwar echten aber schwachen Reue haßt, ist wohl entschlossen, nicht mehr zu sündigen; haßt er sie aber mit einer starken, tiefen Reue, dann verabscheut er nicht nur die Sünde selbst, sondern auch jede Anhänglichkeit an sie und alles, was mit ihr zusammenhängt und zu ihr führt.

Philothea: Zweite Reinigung: von der Anhänglichkeit an die Sünde


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  7. Kapitel 

Als die lsraeliten Ägypten verließen, waren nicht alle mit dem Herzen dabei. Deshalb trauerten viele von ihnen in der Wüste dem Fleisch und den Zwiebeln nach, die sie in Ägypten reichlich genossen hatten (Num 11,4.5). So gibt es auch viele Menschen, die sich nach außen von der Sünde abwenden, nicht aber innerlich. Sie wollen zwar nicht mehr sündigen, bedauern aber, daß sie den unseligen Genüssen der Sünde entsagen müssen. Sie verzichten auf die Sünde und entfernen sich von ihr, können aber nicht unterlassen, manchmal nach ihr umzuschauen, wie Lots Frau nach Sodom (Gen 19,26). Sie enthalten sich der Sünde, wie die Kranken der Melonen; der Arzt drohte, sie müßten daran sterben, deshalb essen sie nicht davon; aber sie jammern, weil sie darauf verzichten müssen, sie reden immer wieder davon, sie verhandeln, ob man sie nicht versuchen könnte, sie möchten wenigstens daran riechen und preisen jene glücklich, die sie essen dürfen.

Philothea: Erste Reinigung: von der Todsünde.


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  6. Kapitel


Die erste Reinigung, der wir uns unterziehen müssen, ist die von der Sünde. Das Mittel dazu ist das  heilige Bußsakrament. Suche dir dafür den besten Beichtvater, den du finden kannst. Bediene dich eines Buches, das eine gute Anleitung zur Beichte enthält, wie Granada, Bruno, Arias, Auger. Lies es aufmerksam durch und merke dir im einzelnen, was du an Fehlern seit deiner Kindheit bis zur Stunde begangen hast. Kannst du dich auf dein Gedächtnis nicht verlassen, dann notiere, was du gefunden hast. Hast du auf diese Weise alles Sündhafte aus deinem Leben zusammengetragen, dann verabscheue und verwirf es durch die aufrichtigste Reue, deren dein Herz fähig ist. Erwäge, daß du durch diese Sünden die Gnade Gottes verloren, dem Himmel den Rücken gekehrt, die ewigen Peinen der Hölle verdient, auf die unendliche Liebe Gottes verzichtet hast.

Philothea: Die Läuterung der Seele ist das erste.

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  5. Kapitel 

Der Bräutigam im Hohen Lied spricht: "Die Blüten im Lande sind aufgegangen, die Zeit zum Reinigen und Beschneiden ist da" (Hld 2,12). Was sind die Blüten unseres Herzens anderes als die guten Wünsche? Sobald sie sich zeigen, müssen wir das Messer zur Hand nehmen und aus unserem Gewissen alle toten und unnützen Werke entfernen. Wollte ein fremdes Mädchen einen Israeliten heiraten, so mußte es das Kleid der Unfreien ablegen, Nägel und Haare beschneiden (Dtn 21,12ff). Eine Seele, die nach der Ehre einer Braut des Gottessohnes strebt, muß den alten Menschen ablegen und den neuen anziehen (Eph 4,22ff). Sie muß sich von der Sünde abkehren, alles entfernen und
herausschneiden, was der Gottesliebe hinderlich und schädlich ist. Sind wir von den unreinen Säften gereinigt, so ist dies der Anfang unserer Genesung.

Philothea: Für den Beginn des frommen Lebens und dessen Fortschritt ist ein Seelenführer notwendig.

Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  4. Kapitel

Der junge Tobias erhielt von seinem Vater den Auftrag, nach Rages zu gehen; er wandte ein, daß er den Weg nicht kenne. "Geh also", sagte der Vater, "und suche dir einen Führer" (Tob 5,2ff). Ich sage dir dasselbe: Willst du dich mit Vorbedacht auf den Weg der Frömmigkeit begeben, so suche dir einen vortrefflichen Mann als Führer und Berater. Das ist der dringlichste Rat. den ich dir geben kann. Was du auch suchst, sagt der fromme Avila, du wirst den Willen Gottes nirgends so sicher finden als auf dem Weg demütigen Gehorsams, den einst alle Frommen geübt und sehr empfohlen haben.

Philothea: Die Frömmigkeit paßt zu jedem Stand und Beruf.


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  3. Kapitel 

Bei der Schöpfung befahl Gott den Pflanzen, Frucht zu tragen, jede nach ihrer Art (Gen 1,11). So gibt er auch den Gläubigen den Auftrag, Früchte der Frömmigkeit zu tragen; jeder nach seiner Art und seinem Beruf. Die Frömmigkeit muß anders geübt werden vom Edelmann, anders vom Handwerker, Knecht oder Fürsten, anders von der Witwe, dem Mädchen, der Verheirateten. Mehr noch: die Übung der Frömmigkeit muß auch noch der Kraft, der Beschäftigung und den Pflichten
eines jeden angepaßt sein.

Philothea: Eigenart und Wert der Frömmigkeit.


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  2. Kapitel


Als die Israeliten sich anschickten, ins Gelobte Land zu ziehen, sagte man ihnen, diese Gegend "fresse seine Bewohner" (Num 13,32f), d. h. das ungesunde Klima kürze die Lebenszeit ab; ferner seien die Einwohner Ungeheuer, wie Heuschrecken fräßen sie andere Menschen auf. Ebenso verleumdet die Welt die heilige Frömmigkeit, soviel sie kann. Sie dichtet den Frommen ein verdrießliches, trauriges und verbittertes Gesicht an, dann behauptet sie, die Frömmigkeit mache griesgrämig und unausstehlich. Josua und Kaleb verkündeten laut, das Gelobte Land sei gut und schön, es zu besitzen, müsse eine Freude sein (Num 14,7f). So versichert uns der Heilige Geist durch den Mund der Heiligen und der Herr sagt es selbst (Mt 11,28): fromm leben ist schön, beglückend und liebenswert!

Philothea: Was ist wahre Frömmigkeit?

Aus der Philothea von Franz von Sales ERSTER TEIL

Anweisungen und Übungen, um den ersten Wunsch nach einem frommen Leben in einen festen Entschluß umzuwandeln.

1. Kapitel

Du sehnst dich nach Frömmigkeit, denn als Christ weißt du, daß sie eine Tugend ist, die der göttlichen Majestät überaus gefällt. Kleine Fehler am Beginn eines Unternehmens wirken sich aber immer schlimmer aus, je weiter es fortschreitet; am Ende sind sie nicht wieder gutzumachen. Deshalb mußt du zunächst wissen, was die Tugend der Frömmigkeit ist.
Es gibt nur eine wahre Frömmigkeit, an falschen und irrigen Spielarten dagegen eine ganze Reihe. Wenn du die echte nicht kennst, kannst du dich leicht verirren und einer unbrauchbaren, abergläubischen nachlaufen.
Aurelius gab auf seinen Bildern den Frauen die Züge jener, die er liebte. So malt sich jeder gern seine eigene Frömmigkeit aus, wie er sie wünscht und sich vorstellt. Wer gern fastet, hält sich für fromm, weil er fastet, obgleich sein Herz voll Rachsucht ist. Vor lauter Mäßigkeit wagt er nicht, seine Zunge mit Wein, ja nicht einmal mit Wasser zu benetzen, aber er schrickt nicht davor zurück, sie in das Blut seiner Mitmenschen zu tauchen durch Verleumdung und üble Nachrede. - Ein anderer hält sich für fromm, weil er täglich eine Menge Gebete heruntersagt, obwohl er nachher seiner Zunge alle Freiheit läßt für Schimpfworte, böse und beleidigende Reden gegen Hausgenossen und Nachbarn. - Der eine entnimmt seiner Geldbörse gern Almosen für die Armen, aber er kann aus seinem Herzen nicht die Liebe hervorbringen, seinen Feinden zu verzeihen. - Der andere verzeiht wohl seinen Feinden, seine Gläubiger befriedigt er aber nur, wenn ihn das Gericht dazu zwingt.

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