Die Nachfolge Christi | drittes Buch | Kapitel 10
1. Gott lieben ist angemessen und eine Quelle der Freude.
2. Gott dienen ist nicht mehr als unsere Pflicht.
3. Gott dienen bringt Gnade, Tröstung, Freiheit und ewige Freude.
1. Gott lieben ist angemessen und eine Quelle der Freude.
2. Gott dienen ist nicht mehr als unsere Pflicht.
3. Gott dienen bringt Gnade, Tröstung, Freiheit und ewige Freude.
1. (Der Knecht:) Nun muß ich wieder reden, Herr. Ich kann nicht schweigen. Ich
will reden zum Ohre meines Gottes, meines Herrn und Königs, der in den Höhen wohnt. "Wie groß ist doch die Fülle deiner Liebe, Herr! Du hältst sie verborgen für jene,
die dich fürchten" (Ps 31,20). Was aber bist du erst für jene, die dich lieben und dir
mit ganzem Herzen dienen. Wahrhaft unaussprechlich ist die Freude, dich zu
schauen, wie sie denen zuteil wird, die dich lieben. Darin hast du mir am meisten deine
gütige Liebe gezeigt, daß du, als ich noch nicht war, mich erschufst, und als ich fern
von dir umherirrte, mich heimholtest zu deinem Dienste und mir auftrugst, dich zu
lieben. Quell ewiger Liebe! Was soll ich von dir sagen? Wie könnte ich deiner
vergessen, nachdem du meiner so gnädig gedacht hast, auch als ich schon ganz verdorben
und verloren war. Weit über alles Hoffen warst du barmherzig mit deinem Diener,
und über alles Verdienst hast du ihm Gnade und Freundschaft geschenkt. Was soll
ich dir vergelten für diese Gnade? Jedem ist es nicht gegeben, alles zu verlassen, der
Welt zu entsagen und das Leben im Kloster auf sich zu nehmen.
2. Ist es nicht etwas Großes, daß ich dir diene, dir, dem jedes Geschöpf zu
dienen gehalten ist? Nicht daß ich dir diene, darf mir groß vorkommen, sondern das
erscheint mir groß und wunderbar, daß du mich armen, unwürdigen Menschen
huldvoll zum Knechte nimmst und mich deinen geliebten Knechten zugesellst.
Siehe, dein ist alles, was ich besitze und womit ich dir diene. Ja, eigentlich dienst du in
höherem Maße mir als ich dir. Siehe, Himmel und Erde sind "für den Dienst des
Menschen von dir erschaffen", sind deines Wirkens gewärtig und tun täglich,
was du geheißen. Doch nicht genug -selbst die Engel hast du in den Dienst des
Menschen gestellt (vgl. Hebr 1, 14) und, was weit mehr als dieses alles bedeutet: Du selbst
hast dich herabgelassen, dem Menschen zu dienen, und hast versprochen, dich selbst
ihm hinzugeben. Was soll ich dir für alle deine tausendfachen Wohltaten geben?
Könnte ich dir doch alle Tage des Lebens dienen! Könnte ich dir doch nur einen einzigen Tag meines Lebens so dienen, wie es deiner würdig ist! Wahrhaftig, du bist jeden
Dienstes würdig, jeder Ehre und ewigen Lobes. Du bist wahrhaftig mein Herr
und mein Gott, und ich bin dein armer Knecht. Ich bin gehalten, dir mit allen Kräften
zu dienen, und sollte niemals müde werden, dich zu loben. So will ich es, und
danach verlange ich. Ersetze gnädig, was mir daran noch gebricht.
3. Eine große Ehre ist es, ein großer Ruhm, dir zu dienen und alles um
deinetwillen zu verschmähen. Eine große Gnade' werden empfangen, die sich aus freien
Stücken deinem Dienste unterstellen. Den erquickenden Trost des Heiligen Geistes
werden finden, die aus Liebe zu dir aller sinnenhaften Lust entsagen. Große Freiheit des
Geistes werden erlangen, die um deines Namens willen die rauhe Straße gehen
und sich aller weltlichen Sorgen entschlagen. Du angenehme, erquickende
Knechtschaft Gottes, durch die der Mensch wahrhaft frei und heilig wird! Heiliger Stand des
geistlichen Dienstes! Er macht den Menschen den Engeln gleich, Gott
wohlgefällig, den Teufeln furchtbar und allen Gläubigen liebenswert. Willkommener, allzeit
begehrenswerter Dienst! Du erwirkst uns das höchste Gut und eine endlos
währende Freude.