Aus "Die Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen | Erstes Buch | Anleitung zum geistlichen Leben | Kapitel 25
1. Arbeite an deiner Vervollkommnung, aber mit dem Blick auf den ewigen Lohn.
2. Überlaß dich dabei dem Willen Gottes und vertraue.
3. Fürchte dich nicht vor Schwierigkeiten; sie führen zu größerem Fortschritt.
4. Merke dir zwei Lebensregeln: Entsagen! Nachahmen!
5. Das heilige Kreuz sei dein Lehrbuch der Vollkommenheit.
6. Denk an den Segen, der auf einem Leben liegt, das sich beharrlich um das Gute bemüht.
7. Nutze die Zeit! Sie kehrt nicht wieder. Tu dir Gewalt an!
1. Arbeite an deiner Vervollkommnung, aber mit dem Blick auf den ewigen Lohn.
2. Überlaß dich dabei dem Willen Gottes und vertraue.
3. Fürchte dich nicht vor Schwierigkeiten; sie führen zu größerem Fortschritt.
4. Merke dir zwei Lebensregeln: Entsagen! Nachahmen!
5. Das heilige Kreuz sei dein Lehrbuch der Vollkommenheit.
6. Denk an den Segen, der auf einem Leben liegt, das sich beharrlich um das Gute bemüht.
7. Nutze die Zeit! Sie kehrt nicht wieder. Tu dir Gewalt an!
1. Sei wachsam und eifrig im Dienste Gottes! Denke oft: Wozu bin ich
gekommen? Warum habe ich die Welt verlassen? Doch wohl, um für Gott zu
leben und ein geistlicher Mensch zu werden? So arbeite denn mit Feuereifer an
deinem Fortschritt. Den Lohn für deine Mühen wirst du bald empfangen, und
weder Furcht noch Schmerz werden dich weiterhin quälen. Wenn du jetzt noch
ein wenig arbeitest, wirst du große Ruhe, ja ewige Freude finden. Bleibst du treu
und eifrig in deinem Tun, dann wird ohne Zweifel auch Gott sich treu erweisen
und dir mit reichlichem Lohn vergelten. Lebe immer in der festen Hoffnung, die
Palme zu erringen, laß dich aber nicht in falsche Sicherheit einwiegen, sonst
erliegst du der Trägheit oder dem Stolze.
2. Als sich einmal ein Mensch, der oftmals zwischen Furcht und Hoffnung schwebte, von Kummer ganz erschöpft, in der Kirche vor einem Altar betend niederwarf, ging er mit sich zu Rate und sprach: "Wenn ich doch wüßte, ob ich beharrlich bleibe !" Sogleich vernahm er in seinem Innern die Antwort Gottes: "Was würdest du tun, wenn du es wüßtest? Tu jetzt, was du dann tätest, und du wirst deiner Sache sicher sein." Und sogleich fühlte er sich getröstet und gestärkt, überließ sich dem göttlichen Willen und wußte nichts mehr von einem ängstlichen Schwanken. Er wollte auch nicht mehr vorwitzig über seine Zukunft nachgrübeln, vielmehr suchte er zu erkennen, worin der "wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes" (Röm 12, 2) bestehe, um jegliches gute Werk zu beginnen und zu vollenden. "Vertraue auf den Herrn und tue das Gute", sagt der Prophet, "und bewohne das Land und erfreue dich an seinen Reichtümern" (Ps 37,3).
3. Eines hält viele vom Fortschritt und der ernstlichen Besserung zurück: die Furcht vor Schwierigkeiten und die Mühsal des Kampfes. Gleichwohl schreiten gerade die am meisten in der Tugend voran, die, den größeren Schwierigkeiten und Widerständen trotzend, sich mit Mannesmut durchzusetzen suchen. Denn je mehr sich der Mensch überwindet und im Geiste abtötet, desto größer sein Fortschritt, desto reicher das Maß der Gnaden. Aber nicht alle haben gleichviel zu überwinden und abzutöten. Wer sich jedoch tapfer einsetzt, wird, wenn er auch leidenschaftlicher veranlagt ist, doch größere Fortschritte machen als ein anderer, der bei glücklicher Veranlagung weniger Tugendeifer entwickelt.
4. Zwei Dinge sind es vornehmlich, die zu einer gründlichen Besserung beitragen: sich mit Gewalt das versagen, wozu die Natur ungeordnet neigt, und mit glühendem Eifer dem Guten nachstreben, dessen man besonders bedarf. Auch darauf richte dein Auge, das zu meiden und zu überwinden, was dir an anderen mißfällt. Überall sei auf deinen Fortschritt bedacht. Liest oder hörst du gute Beispiele, dann laß dich begeistern und ahme sie nach! Nimmst du aber etwas Tadelnswertes wahr, so hüte dich, ein Gleiches zu tun. Hast du es aber einmal selbst getan, dann nimm das zum Anlaß, dich schleunigst zu bessern. So wie dein Auge die anderen sieht, so sehen die anderen auch dich. Wie wohltuend und erhebend ist es, Brüder zu sehen, die, in heiliger Zucht und Ordnung lebend, von Eifer und Andacht entbrennen! Wie traurig hingegen und wie bedrückend der Anblick jener, die keinen geordneten Wandel kennen und das, wozu sie berufen sind, ungetan lassen. Wie verderblich ist es, der Aufgaben seines Berufes zu vergessen und sich an Arbeiten zu machen, die uns gar nicht übertragen sind!
2. Als sich einmal ein Mensch, der oftmals zwischen Furcht und Hoffnung schwebte, von Kummer ganz erschöpft, in der Kirche vor einem Altar betend niederwarf, ging er mit sich zu Rate und sprach: "Wenn ich doch wüßte, ob ich beharrlich bleibe !" Sogleich vernahm er in seinem Innern die Antwort Gottes: "Was würdest du tun, wenn du es wüßtest? Tu jetzt, was du dann tätest, und du wirst deiner Sache sicher sein." Und sogleich fühlte er sich getröstet und gestärkt, überließ sich dem göttlichen Willen und wußte nichts mehr von einem ängstlichen Schwanken. Er wollte auch nicht mehr vorwitzig über seine Zukunft nachgrübeln, vielmehr suchte er zu erkennen, worin der "wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes" (Röm 12, 2) bestehe, um jegliches gute Werk zu beginnen und zu vollenden. "Vertraue auf den Herrn und tue das Gute", sagt der Prophet, "und bewohne das Land und erfreue dich an seinen Reichtümern" (Ps 37,3).
3. Eines hält viele vom Fortschritt und der ernstlichen Besserung zurück: die Furcht vor Schwierigkeiten und die Mühsal des Kampfes. Gleichwohl schreiten gerade die am meisten in der Tugend voran, die, den größeren Schwierigkeiten und Widerständen trotzend, sich mit Mannesmut durchzusetzen suchen. Denn je mehr sich der Mensch überwindet und im Geiste abtötet, desto größer sein Fortschritt, desto reicher das Maß der Gnaden. Aber nicht alle haben gleichviel zu überwinden und abzutöten. Wer sich jedoch tapfer einsetzt, wird, wenn er auch leidenschaftlicher veranlagt ist, doch größere Fortschritte machen als ein anderer, der bei glücklicher Veranlagung weniger Tugendeifer entwickelt.
4. Zwei Dinge sind es vornehmlich, die zu einer gründlichen Besserung beitragen: sich mit Gewalt das versagen, wozu die Natur ungeordnet neigt, und mit glühendem Eifer dem Guten nachstreben, dessen man besonders bedarf. Auch darauf richte dein Auge, das zu meiden und zu überwinden, was dir an anderen mißfällt. Überall sei auf deinen Fortschritt bedacht. Liest oder hörst du gute Beispiele, dann laß dich begeistern und ahme sie nach! Nimmst du aber etwas Tadelnswertes wahr, so hüte dich, ein Gleiches zu tun. Hast du es aber einmal selbst getan, dann nimm das zum Anlaß, dich schleunigst zu bessern. So wie dein Auge die anderen sieht, so sehen die anderen auch dich. Wie wohltuend und erhebend ist es, Brüder zu sehen, die, in heiliger Zucht und Ordnung lebend, von Eifer und Andacht entbrennen! Wie traurig hingegen und wie bedrückend der Anblick jener, die keinen geordneten Wandel kennen und das, wozu sie berufen sind, ungetan lassen. Wie verderblich ist es, der Aufgaben seines Berufes zu vergessen und sich an Arbeiten zu machen, die uns gar nicht übertragen sind!
5. Denk an den einmal gefaßten Entschluß und stell dir das Bild des Gekreuzigten vor. Beim Anblick des Lebens Jesu Christi hast du Grund genug, dich wirklich zu schämen, weil du es nicht der Mühe wert hieltest, dich ihm mehr und mehr nachzubilden, obwohl du schon solange Gottes Wege läufst. Ein Ordensmann, der sich gesammelt und hingegeben mit dem hochheiligen Leben und Leiden des Herrn beschäftigt, wird alles, was ihm nützt und frommt, reichlich darin finden, und er hat nicht nötig, außer Jesus etwas Besseres zu suchen. Wenn der gekreuzigte Jesus in unser Herz käme, wie schnell und ausreichend wären wir belehrt!
6. Ein sich mühender Ordensangehöriger trägt alles gern und nimmt auch gern auf
sich, was ihm befohlen wird, ein nachlässiger und lauer hingegen leidet Trübsal
und fühlt sich von allen Seiten beengt, weil es ihm an innerem Trost gebricht
und er den äußeren nicht suchen darf. Ein Ordensmann, der außer der Zucht lebt,
steht vor schwerem Fall. Wer ein laues, leichtes Leben sucht, lebt immer in
Nöten, weil ihm bald dieses, bald jenes nicht recht gefällt. Wie machen es denn
so viele andere Ordensleute, die sich streng an die klösterliche Ordnung halten?
Sie gehen selten aus, leben zurückgezogen, essen sehr einfach, tragen ein rauhes
Gewand, arbeiten viel, sprechen wenig, wachen lange, stehen früh auf, liegen
lange dem Gebete ob, lesen gern und halten sich in strenger Zucht. Siehe, die
Kartäuser, Zisterzienser, die Mönche und Nonnen verschiedener Orden erheben
sich jede Nacht, um das Lob des Herrn zu singen. Deshalb wäre es schändlich,
wolltest du in einem so heiligen Werk träge sein, wo so sehr viele Ordensleute
sich zum Gottesjubel anschicken. Hätten wir doch nichts anderes zu tun, als
unsern Herrn und Gott aus ganzer Seele mit Herz und Mund zu loben! Hätten
wir doch niemals nötig, zu essen, zu trinken und zu schlafen! Könnten wir Gott
doch immerdar loben und nur dem geistlichen Studium obliegen! Du wärest
weit glücklicher als jetzt, da du notgedrungen dem Leibe zu Willen bist. Daß es
doch dieses Bedürfen gar nicht gäbe, sondern einzig die geistlichen Genüsse der
Seele, die wir leider so selten verkosten. Hat der Mensch es so weit gebracht,
daß er in keiner Kreatur seinen Trost sucht, dann beginnt er erst, Gott
vollkommen zu verkosten, dann wird er mit allem, was kommen mag, gern
zufrieden sein. Dann wird ihn nichts Großes erfreuen und nichts Kleines
niederschlagen, vielmehr gibt er sich mit ganzer Zuversicht in Gottes Hand, der ihm alles in allem ist, dem nichts zugrunde geht, nichts stirbt, dem "alles lebt"
und alles dient, auf einen Wink hin, unverzüglich.
7. Bleib stets des Endes eingedenk und daß die verlorene Zeit nicht wiederkehrt!
Ohne Eifer und Fleiß wirst du es niemals zur Tugend bringen. Sobald du
anfängst, lau zu werden, beginnst du auch, unglücklich zu werden. Gehst du
aber mit Eifer ans Werk, wirst du großen Frieden finden und die Bürde nicht so
schwer empfinden, weil Gott dir die Gnade dazu gibt und die Liebe zur Tugend.
Der Mensch, der vor Eifer glüht, ist zu allem bereit. Die Fehler und
Leidenschaften zu bezwingen macht mehr Mühe, als im Schweiße des
Angesichts körperlichen Arbeiten obliegen. Wer die kleinen Fehler nicht meidet,
fällt nach und nach in größere. Du wirst immer froh sein am Abend, wenn du
den Tag mit Nutzen verbracht hast. Wache über dich selbst, wecke dich,
ermahne dich. Mag es um andere stehen wie immer, sorge du für dich. Soweit
kommst du voran, als du dir selbst Gewalt antust. Amen.