Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



DNC: Gericht und Strafe für die Sünden

Aus "Die Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen  |  Erstes Buch  |  Anleitung zum geistlichen Leben  |  Kapitel 24

1. Der strenge Richter aller Sünden wird kommen.
2. Bereite dich vor durch Demut, Reue und Buße.
3. Die in der Ungnade Gestorbenen werden schwerste Pein erdulden. 

4. Die in der Gnade Heimgegangenen werden frohlocken.
5. Der Gedanke an die letzten Dinge schützt und hält dich.


1. In allem bedenke das Ende und wie du vor dem strengen Richter bestehen wirst. Vor ihm ist nichts verborgen, und keine Geschenke bestechen ihn. Er läßt keine Ausflüchte gelten, sondern wird nach Gerechtigkeit richten (Jes 11,4). Du armer und törichter Sünder, was willst du Gott antworten, der all deine Sünden weiß? Erschrickst du doch bisweilen schon vor dem Antlitz eines erzürnten Menschen!
Warum siehst du dich nicht vor für den Tag des Gerichtes? Niemand kann sich da durch einen anderen entschuldigen oder verteidigen lassen. Jeder wird an seiner eigenen Last genug zu tragen haben. Jetzt bringt dein Arbeiten noch Früchte, jetzt finden deine Tränen noch Gnade und deine Seufzer Erhörung, jetzt hat dein Schmerz noch die Kraft der Sühne und Reinigung.

2. Eine große und heilsame Läuterung erleidet der geduldige Mensch, der bei Kränkungen mehr die Bosheit des anderen als das eigene ihm zugefügte Unrecht bedauert, der gern für seine Widersacher betet und von Herzen die Schuld vergibt, der nicht zögert, andere um Verzeihung zu bitten, der leichter Mitleid übt als in Zorn ausbricht, der sich selbst häufig Gewalt antut und den Leib völlig unter die Herrschaft des Geistes zu bringen sucht. Es ist besser, sich jetzt von Sünden zu reinigen und die Laster auszurotten, als die Reinigung auf später zu verschieben. Wir täuschen uns wahrhaftig selbst, indem wir den Leib so ungeordnet lieben. Was anderes wird jenes Feuer verschlingen als deine Sünden? Je mehr du deiner selbst im Augenblick schonst und dem leiblichen Begehren folgst, um so härter wirst du später büßen, und um so mehr Nahrung für das Feuer sparst du dir auf.
 

3. Worin der Mensch gesündigt hat, darin wird er um so schwerer bestraft werden. Dort werden die Trägen mit glühenden Stacheln gequält und die Schlemmer von ungeheurem Durst und Hunger gequält. Dort werden die Geilen und Lüsternen mit siedendem Pech und stinkendem Schwefel übergossen, und die Neidischen vor Schmerzen heulen gleich tollen Hunden. Kein Laster wird es geben, das nicht seine eigene Peinigung erlitte. Dort werden die Stolzen von aller nur möglichen Verwirrung befallen und die Geizigen von der bittersten Armut gequält werden. Dort wird eine einzige Stunde der Strafe schwerer empfunden werden als hier hundert Jahre in härtester Buße. Dort gibt es für die Verdammten keine Ruhe und keinen Trost; hier ruht man noch zuweilen von seinen Mühen aus und genießt den Trost der Freunde.
 

4. Lebe jetzt in Sorge um deine Sünden und beweine sie, dann wirst du am Tage des Gerichtes sicher zu den Seligen gehören. Dann werden nämlich die Gerechten mit großer Zuversicht denen entgegentreten, die sie einstens "bedrängt und unterdrückt haben" (Weish 5, 1). Dann wird als Richter auftreten, der sich jetzt demütig unter das Urteil der Menschen beugt. Dann wird, wer hier armen und niedrigen Standes war, voll großen Vertrauens sein, der Stolze aber wird völlig verzagen. Dann wird man feststellen, daß der in dieser Welt weise gewesen ist, der gelernt hat, um Christi willen ein einfältiger, ja verachteter Mensch zu sein. Dann findet die Trübsal, die man geduldig ertrug, Anerkennung, und "alle Bosheit wird schweigen" (Ps 107,42). Da wird jeder Fromme jubeln und jeder Gottlose trauern. Dann wird dem, der seinen Leib kasteite, mehr Freude zuteil als dem, der ihn immer nur pflegte und verzärtelte. Dann wird vom schlichten Kleide ein Leuchten ausgehen und das kostbare Gewand seinen Glanz verlieren. Die arme, kleine Hütte wird mehr gepriesen werden als der in Gold schimmernde Palast. Die standhafte Geduld wird uns dann mehr nützen als alle Macht der Welt. Der einfältige Gehorsam wird mehr Anerkennung finden als aller weltlicher Vorwitz. Dann erntet das reine, gute Gewissen mehr Freude als der tiefschürfende Geist, und die Verachtung des Reichtums wird schwerer wiegen als der Besitz aller Schätze der Welt. Da wird ein andächtiges Gebet dich mehr trösten als ein köstliches Mahl, und das Schweigen, das du treu gehalten, bringt dir eine größere Freude als eine lange Unterhaltung. Dann werden die heiligen Werke mehr gelten als viele schöne Worte, und die in strenger Buße verlebten Tage dich glücklicher machen als alle irdischen Freuden.

5. Lerne jetzt in kleinen Dingen Geduld zu üben, um dich dort vor Schwererem zu bewahren. Hier erprobe zuerst, was du später vermagst. Wenn du jetzt so wenig aushalten kannst, wie magst du lange Qualen ertragen? Wenn dir jetzt schon bei deinem kleinen Ungemach der Faden der Geduld reißt, was wird dann die Hölle tun? Sieh, du kannst wirklich nicht beide Freuden haben, hier in der Welt dich ergötzen und später mit Christus herrschen. Wenn du bis zum heutigen Tage immer in Ehren und Genüssen gelebt hättest, was würde dir das alles genützt haben, wenn du in diesem Augenblicke sterben müßtest? Nein, "alles ist Eitelkeit außer Gott lieben und ihm allein dienen" (Koh 1,2; Dtn 6, 13; Mt 4,10; Lk 4,8). Wer nämlich Gott aus ganzem Herzen liebt, fürchtet weder Tod noch Strafe, weder Gericht noch Hölle, weil die vollkommene Liebe ihn sicher zu Gott führt. Wer aber immer noch Freude an der Sünde hat, kein Wunder, daß der den Tod und das Gericht fürchtet. Gleichwohl ist es gut, daß, wenn dich die Liebe noch nicht vom Bösen zurückhält, dich wenigstens die Furcht vor der Hölle in Schranken hält. Wer die Gottesfurcht geringschätzig abtut, wird nicht lange im Guten verharren können, sondern nur um so schneller in die Schlingen des Teufels fallen.




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