Die Nachfolge Christi | drittes Buch | Kapitel 44
1. Der Herr mahnt, Auge, Ohr und Zunge vor Berührung mit der Welt zu schützen.
2. Der Diener klagt, daß der Mensch über den Dingen der Welt so leicht seine Seele vergißt.
1. (Der Herr:) Mein Sohn, in vielen Dingen mußt du unwissend sein. Du magst dir
vorkommen als einer, der für diese Welt schon gestorben und dem "die ganze
Welt gekreuzigt ist" (Gal 6, 14). Es ist auch notwendig, daß du an vielem mit taubem Ohr
vorübergehst und mehr an das denkst, was dir zum Frieden dient. Es ist besser,
die Augen von mißfälligen Dingen abzuwenden und jedem seine Meinung zu
lassen, als ihm mit aufgeregten Worten zu dienen. Wenn du mit Gott gut stehst
und sein Gericht vor Augen hast, wird es dir leichter werden, dich für besiegt zu
erklären.
2. (Der Knecht:) Herr, wohin ist es mit uns gekommen? Siehe, wir weinen um
einen zeitlichen Verlust, wir mühen uns ab und machen Wege über Wege um
eines kleinen Gewinnes willen. Haben wir aber Schaden an der Seele erlitten,
das vergessen wir, und später erinnern wir uns kaum noch daran. Was wenig
oder gar keinen Vorteil bringt, das beachten wir, was uns aber so sehr not täte,
übergehen wir mit Gleichgültigkeit. Denn so ist nun einmal der Mensch nach
seinem ganzen Wesen: er verliert sich an die Außenwelt. Wenn er sich nicht
bald besinnt, bleibt er gern dem Äußeren verhaftet.