1. Zur Einordnung
Das Herzensgebet ist eine von verschiedenen Arten der Einübung des Glaubens, eine von mehreren verschiedenen Traditionen des Gebets oder der Meditation.
Das Herzensgebet unterscheidet sich von der nicht-gegenständlichen (bildlosen) und wortlosen Meditation, die die Menschen anweist, sich leer zu machen, damit Gott in mir wohnen kann. Leer von oberflächlichen Beschäftigungen, leer von Gedanken, leer sogar von Erwartungen an Gott oder von Gottesvorstellungen.
Das Herzensgebet unterscheidet sich auch von der gegenständlichen (bildhaften) Meditation, die einen Text, ein Bild, ein Symbol oder das eigene Leben zum Inhalt hat. Zu dieser Art von Meditation gehört z.B. auch die ignatianische Schriftmeditation.
Das Herzensgebet hat zum Ziel, von einem Wort oder einem Gebetssatz (z.B. nur: „Jesus!“ oder: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner!“ oder einem Vers aus den Psalmen) ganz erfüllt zu werden. Es ist nicht-gegenständliche, worthafte Meditation. Auf dem einen und immer demselben Wort oder Satz kann monate-, ja jahrelang gebetet werden.
Diese Übung zielt darauf ab, unaufhörlich zu werden, d.h. sich über den ganzen Tag hin zu verbreiten, auch wenn wir bei den alltäglichsten Verrichtungen sind. Kein Augenblick unseres Lebens soll ausgespart werden! Die Übung ist ja so einfach, dass sie mit sehr vielen Tätigkeiten verknüpft werden kann. Und wenn ich gerade an etwas anderes denke, kann ich den Vorschlag von Gerhard Tersteegen befolgen: „Mach ein Gebetlein daraus!“
Dass das Gebet sich auch auf die Zeiten ausdehnt, in denen nicht gebetet wird, ist übrigens die Intention aller Formen der Spiritualität: Sauerteig für das ganze Leben zu sein!
Auch das Herzensgebet ist nicht möglich ohne damit verbundene Schriftmeditation. Denn wenn ich immer wieder bete: „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner“, dann soll und will ich immer wieder eins werden mit ihm, und das heißt: mit seinen Worten, mit seinem Leben und Tun. Immer mehr will und soll ich eins werden mit ihm, der das Wort Gottes ist. Eins werden mit ihm ist eins werden mit dem Text, in dem er sich offenbart. Nicht ich betrachte den Text, sondern ich lasse mich von ihm durchdringen, lasse mich von ihm auslegen. Ich werde der Text! So bekennt auch der Pilger, dass er nicht nur täglich in der Philokalie, die er die „Tugendliebe“ nennt, liest, sondern auch in der Heiligen Schrift, besonders im Neuen Testament.
2. Zur Formel
„Herr Jesus Christus, du Sohn Gottes, erbarme dich meiner!“ Dazu schreibt Kallistos Ware: „Es gibt jedoch keine strenge einheitliche Form. Die Formel kann auch gekürzt werden. Wir können sagen: ‚Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner!’ oder ‚Herr Jesus!’ oder sogar nur ‚Jesus!’, obwohl diese letzte Form weniger gebräuchlich ist. Andererseits kann man die Formel erweitern, indem man hinzufügt: ‚... über mich Sünder!’; damit unterstreicht man den Aspekt der Reue. Zuweilen wird das Gedächtnis der Mutter oder der Heiligen eingefügt. Das einzig wesentliche und unveränderliche Element des Gebets besteht in dem göttlichen Namen ‚Jesus’, den man mit hineinnimmt. Es ist jedem Beter freigestellt, durch persönliche Übung die bestimmte Form zu finden, die seinen Bedürfnissen am ehesten entspricht. Die genaue Formel, die man verwendet, kann wohl von Zeit zu Zeit verändert werden; doch sollte dies nicht zu oft geschehen; denn, wie der hl. Gregor vom Sinai warnt, Zweige, die oft umgesetzt werden, treiben keine Wurzeln’.“ (K. Ware, Hinführung zum Herzensgebet, 1982, 20f.).
Der Wortlaut des ursprünglichen Gebetssatzes „Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner!“ erweckt den Eindruck, als konzentriere sich dieses Gebet auf die Sündenvergebung. Das hebräische Wort für ‚Erbarmen’ (rächäm) ist auch das Äquivalent für ‚Mutterschoß’! Das bedeutet innigste Verbindung. Dann ist die Bitte um Erbarmen viel umfassender als Sündenvergebung: Es ist die Bitte um gegenseitige Liebe, Bitte um Vereinigung!
Man kann auch ein Psalmwort nehmen oder in sich aufsteigen lassen; vielleicht ist es ein persönliches Bibelwort, das ich mir erwählt habe oder das mir zugesprochen wurde, z.B. bei der Konfirmation der Konfirmationsspruch oder Denkspruch.
Das Herzensgebet ist eine von verschiedenen Arten der Einübung des Glaubens, eine von mehreren verschiedenen Traditionen des Gebets oder der Meditation.
Das Herzensgebet unterscheidet sich von der nicht-gegenständlichen (bildlosen) und wortlosen Meditation, die die Menschen anweist, sich leer zu machen, damit Gott in mir wohnen kann. Leer von oberflächlichen Beschäftigungen, leer von Gedanken, leer sogar von Erwartungen an Gott oder von Gottesvorstellungen.
Das Herzensgebet unterscheidet sich auch von der gegenständlichen (bildhaften) Meditation, die einen Text, ein Bild, ein Symbol oder das eigene Leben zum Inhalt hat. Zu dieser Art von Meditation gehört z.B. auch die ignatianische Schriftmeditation.
Das Herzensgebet hat zum Ziel, von einem Wort oder einem Gebetssatz (z.B. nur: „Jesus!“ oder: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner!“ oder einem Vers aus den Psalmen) ganz erfüllt zu werden. Es ist nicht-gegenständliche, worthafte Meditation. Auf dem einen und immer demselben Wort oder Satz kann monate-, ja jahrelang gebetet werden.
Diese Übung zielt darauf ab, unaufhörlich zu werden, d.h. sich über den ganzen Tag hin zu verbreiten, auch wenn wir bei den alltäglichsten Verrichtungen sind. Kein Augenblick unseres Lebens soll ausgespart werden! Die Übung ist ja so einfach, dass sie mit sehr vielen Tätigkeiten verknüpft werden kann. Und wenn ich gerade an etwas anderes denke, kann ich den Vorschlag von Gerhard Tersteegen befolgen: „Mach ein Gebetlein daraus!“
Dass das Gebet sich auch auf die Zeiten ausdehnt, in denen nicht gebetet wird, ist übrigens die Intention aller Formen der Spiritualität: Sauerteig für das ganze Leben zu sein!
Auch das Herzensgebet ist nicht möglich ohne damit verbundene Schriftmeditation. Denn wenn ich immer wieder bete: „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner“, dann soll und will ich immer wieder eins werden mit ihm, und das heißt: mit seinen Worten, mit seinem Leben und Tun. Immer mehr will und soll ich eins werden mit ihm, der das Wort Gottes ist. Eins werden mit ihm ist eins werden mit dem Text, in dem er sich offenbart. Nicht ich betrachte den Text, sondern ich lasse mich von ihm durchdringen, lasse mich von ihm auslegen. Ich werde der Text! So bekennt auch der Pilger, dass er nicht nur täglich in der Philokalie, die er die „Tugendliebe“ nennt, liest, sondern auch in der Heiligen Schrift, besonders im Neuen Testament.
2. Zur Formel
„Herr Jesus Christus, du Sohn Gottes, erbarme dich meiner!“ Dazu schreibt Kallistos Ware: „Es gibt jedoch keine strenge einheitliche Form. Die Formel kann auch gekürzt werden. Wir können sagen: ‚Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner!’ oder ‚Herr Jesus!’ oder sogar nur ‚Jesus!’, obwohl diese letzte Form weniger gebräuchlich ist. Andererseits kann man die Formel erweitern, indem man hinzufügt: ‚... über mich Sünder!’; damit unterstreicht man den Aspekt der Reue. Zuweilen wird das Gedächtnis der Mutter oder der Heiligen eingefügt. Das einzig wesentliche und unveränderliche Element des Gebets besteht in dem göttlichen Namen ‚Jesus’, den man mit hineinnimmt. Es ist jedem Beter freigestellt, durch persönliche Übung die bestimmte Form zu finden, die seinen Bedürfnissen am ehesten entspricht. Die genaue Formel, die man verwendet, kann wohl von Zeit zu Zeit verändert werden; doch sollte dies nicht zu oft geschehen; denn, wie der hl. Gregor vom Sinai warnt, Zweige, die oft umgesetzt werden, treiben keine Wurzeln’.“ (K. Ware, Hinführung zum Herzensgebet, 1982, 20f.).
Der Wortlaut des ursprünglichen Gebetssatzes „Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner!“ erweckt den Eindruck, als konzentriere sich dieses Gebet auf die Sündenvergebung. Das hebräische Wort für ‚Erbarmen’ (rächäm) ist auch das Äquivalent für ‚Mutterschoß’! Das bedeutet innigste Verbindung. Dann ist die Bitte um Erbarmen viel umfassender als Sündenvergebung: Es ist die Bitte um gegenseitige Liebe, Bitte um Vereinigung!
Man kann auch ein Psalmwort nehmen oder in sich aufsteigen lassen; vielleicht ist es ein persönliches Bibelwort, das ich mir erwählt habe oder das mir zugesprochen wurde, z.B. bei der Konfirmation der Konfirmationsspruch oder Denkspruch.
Für manche Menschen ist es wichtig, dass es ein Satz ist (und dass z.B. die Bitte um
Erbarmen in dem Satz enthalten ist); manche empfinden aber auch, dass sie in größere Tiefe
gelangen, je kürzer das Wort ist; denn ein ganzer Satz spricht mehr den Verstand an als ein
bloßer Anruf des Namens. Der Verstand hält mich mehr an der Oberfläche; die Anrufung des
Namens ohne eine weitere Aussage in einem Satz kann mich mehr in die Tiefe führen.
Insofern gilt dann Luthers Satz: „Je weniger Wort, desto tiefer das Gebet!“
Wichtig ist also nicht die Technik und Form des Gebets, sondern die im Gebet erlebte Nähe Jesu bzw. die Begegnung mit Gott.
3. Herzensgebet und Atem
Oft wird die Ansicht vertreten, dass das Aussprechen des Gebetssatzes oder Gebetswortes im Rhythmus des Atmens erfolgen solle. Das Atmen ist ein unbewusster Vorgang, der manchmal bis ins Bewusstsein reicht. Die Methode, sich das Atmen permanent bewusst zu machen und an einen bewussten Vorgang (das Aussprechen des Gebetssatzes) zu binden, birgt die große Gefahr der Manipulation des Atems in sich. Da wird künstlich in einen vegetativen Vorgang eingegriffen.
Deshalb rate ich, den Gebetssatz oder das Gebetswort nicht an den Atem zu koppeln. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dadurch auch das Beten mechanisch werden kann. Es gibt auch andere Wege, längere Zeit bei einem und demselben Gebetswort oder Gebetssatz zu bleiben. Warten Sie darauf, dass das Wort oder der Satz Ihres Gebets in Ihnen aufsteigt, und geben Sie sich dann der Gegenwart Jesu, die in seinem Namen sich ereignet, hin!
4. Die Gegenwart Jesu im Herzensgebet
Dass Jesus in der Anrufung seines Namens präsent ist, ist die Hauptthese des berühmten Buches „Auf den Bergen des Kaukasus“, das in verschiedenen und immer erweiterten Auflagen 1907 bis 1912 am Fuße des Kaukasus und dann in Kiew erschien. Der Autor, der Schimonach (Mönch) Ilarion, drückte seine Lehrmeinung so aus, dass der im Jesus-Gebet angerufene Name Gott selbst sei, Darüber hat es, noch vor dem 1. Weltkrieg, einen heftigen dogmatischen Streit gegeben, der mit Gewalt beendet wurde. „Namensverächter“ und „Namensanbeter“ beschimpften und bekämpften sich gegenseitig. Ich halte mit vielen Lehrern des Herzensgebets die Meinung des Schimonach Ilarion für biblisch begründet und würde sie als evangelischer Christ so fassen, dass ich sage: In seinem Namen ist Jesus in ähnlicher Weise gegenwärtig wie in den Gaben von Brot und Wein im Heiligen Abendmahl. Wie die Eucharistie die Kommunikation des Leibes und des Blutes Christi ist, so ist das Herzensgebet die Kommunikation seines Namens.
Ivan von Kologrivov, ein katholischer Theologe, der aus Russland stammt, fand ein vermittelndes Wort zu diesem Streit:
„Der Name JESUS ist im Jesus-Gebet mehr als nur ein äußeres Zeichen. Er offenbart den Herrn und macht ihn gegenwärtig, so wie er in einer geweihten Ikone oder in anderen Sakramentalien gegenwärtig ist. Solange das Jesus-Gebet nur eine mechanische, kontrollierte Übung bleibt, verfehlt es seinen Zweck. Der Geist muss gleichsam darin untertauchen; das Gebet muss vom Geist Besitz ergreifen, damit der göttliche Strahl den tiefsten Grund des Seins durchdringt und erleuchtet.“
Wichtig ist also nicht die Technik und Form des Gebets, sondern die im Gebet erlebte Nähe Jesu bzw. die Begegnung mit Gott.
3. Herzensgebet und Atem
Oft wird die Ansicht vertreten, dass das Aussprechen des Gebetssatzes oder Gebetswortes im Rhythmus des Atmens erfolgen solle. Das Atmen ist ein unbewusster Vorgang, der manchmal bis ins Bewusstsein reicht. Die Methode, sich das Atmen permanent bewusst zu machen und an einen bewussten Vorgang (das Aussprechen des Gebetssatzes) zu binden, birgt die große Gefahr der Manipulation des Atems in sich. Da wird künstlich in einen vegetativen Vorgang eingegriffen.
Deshalb rate ich, den Gebetssatz oder das Gebetswort nicht an den Atem zu koppeln. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dadurch auch das Beten mechanisch werden kann. Es gibt auch andere Wege, längere Zeit bei einem und demselben Gebetswort oder Gebetssatz zu bleiben. Warten Sie darauf, dass das Wort oder der Satz Ihres Gebets in Ihnen aufsteigt, und geben Sie sich dann der Gegenwart Jesu, die in seinem Namen sich ereignet, hin!
4. Die Gegenwart Jesu im Herzensgebet
Dass Jesus in der Anrufung seines Namens präsent ist, ist die Hauptthese des berühmten Buches „Auf den Bergen des Kaukasus“, das in verschiedenen und immer erweiterten Auflagen 1907 bis 1912 am Fuße des Kaukasus und dann in Kiew erschien. Der Autor, der Schimonach (Mönch) Ilarion, drückte seine Lehrmeinung so aus, dass der im Jesus-Gebet angerufene Name Gott selbst sei, Darüber hat es, noch vor dem 1. Weltkrieg, einen heftigen dogmatischen Streit gegeben, der mit Gewalt beendet wurde. „Namensverächter“ und „Namensanbeter“ beschimpften und bekämpften sich gegenseitig. Ich halte mit vielen Lehrern des Herzensgebets die Meinung des Schimonach Ilarion für biblisch begründet und würde sie als evangelischer Christ so fassen, dass ich sage: In seinem Namen ist Jesus in ähnlicher Weise gegenwärtig wie in den Gaben von Brot und Wein im Heiligen Abendmahl. Wie die Eucharistie die Kommunikation des Leibes und des Blutes Christi ist, so ist das Herzensgebet die Kommunikation seines Namens.
Ivan von Kologrivov, ein katholischer Theologe, der aus Russland stammt, fand ein vermittelndes Wort zu diesem Streit:
„Der Name JESUS ist im Jesus-Gebet mehr als nur ein äußeres Zeichen. Er offenbart den Herrn und macht ihn gegenwärtig, so wie er in einer geweihten Ikone oder in anderen Sakramentalien gegenwärtig ist. Solange das Jesus-Gebet nur eine mechanische, kontrollierte Übung bleibt, verfehlt es seinen Zweck. Der Geist muss gleichsam darin untertauchen; das Gebet muss vom Geist Besitz ergreifen, damit der göttliche Strahl den tiefsten Grund des Seins durchdringt und erleuchtet.“
Es kann sein, dass ich lange warten muss, bis der Name JESUS oder die Bitte um sein
Erbarmen in meinem Innern aufsteigt. Und dass ich nichts als das Schweigen Gottes in
meinem Herzen spüre.
Denn dass der Name JESUS kommt, kann ich nicht machen, nicht erzwingen, sondern ich kann nur warten und es geschehen lassen, es zulassen.
Und wenn er noch nicht kommt, dann ist das kein Defizit, sondern ein Weg, ein Werden, ein Wachsen und Reifen. Jede Phase dieses Prozesses, jeder Augenblick auf diesem Weg ist wertvoll. Nichts darf ungeduldig übersprungen werden. Verborgen ist er schon da und im Kommen. Wie in Brot und Wein, wie in den Elementen des Abendmahls ist er schon da, auch wenn man noch nichts sieht. Wie der Same, der in die Erde gelegt ist, still und langsam und verborgen wächst, so ist er jetzt schon da. „Gottes Sein ist im Werden.“
5. Die Körperhaltung beim Herzensgebet
Bei der Körperhaltung ist es wie mit dem Wort, das aufsteigen und nicht erzwungen werden soll: Sie soll sich ergeben. Sie soll denen, die üben, jeweils entsprechen. Aber sie sollte dann auch bewusst angenommen werden. Stille und Gebet kommen aus dem Leib und wachsen aus ihm heraus. Auch die Gebetsgebärde, die Haltung des Betens. Sie kann nicht aufoktroyiert werden.
Es muss nicht eine bestimmte Körperhaltung sein; aber sie sollte bewusst gewählt und nicht erzwungen werden. Insofern ist ihr große Beachtung zu schenken! Bei uns in den westlichen Häusern der Stille hat sich die Haltung des Sitzens auf dem Meditationsbänkchen oder dem Stuhl, bei einigen auch auf dem Meditationskissen (halber oder ganzer Lotussitz) eingebürgert. Aber zwingen Sie sich nicht zu einer Gebetshaltung, nur weil sie verbreitet ist. Eine Leibübung am Anfang fördert die Intensität des Gebets bzw. der Versenkung! (Entweder Yoga oder QiGong oder „Rhythmus – Atem – Bewegung“; ich habe mich für letztere Übungsweise [nach H. L. Scharing] entschieden, und zwar deshalb, weil sie m.E. am meisten der Wirkung der Gnade Gottes und der evangelischen Rechtfertigungslehre entspricht, die mehr auf die Passivität und Rezeptivität des Glaubens abzielt).
6. Struktur der Gebetszeit
Für alle Gebetsübungen gilt: Sie sollen durch einen eigenen Gebetsgang vorbereitet – und durch einen anderen auch abgeschlossen werden.
Es ist für die Qualität, für die Intensität des Gebets sehr wichtig, dass es eingeleitet wird. Es ist entscheidend, wie wir in das Herzensgebet oder in die Meditation hineinkommen. Das geschieht einmal durch das Gebet, dass der Heilige Geist in der Zeit, die wir für das Gebet haben, uns „sammelt, erleuchtet, heiligt“ (Luther). Und es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass wir jetzt Zeit für Gott haben und dass wir in dieser Zeit nichts leisten müssen, sondern das er uns begegnen will.
Zum andern geschieht es durch Wahrnehmung des Leibes; ich biete die Übungsweise nach H.L. Scharing an („Rhythmus – Atem – Bewegung“; s.o.). So können wir – jetzt und hier – leibhaftig da sein. Das Bewusstwerden und Spüren des Leibes wird zum Gebet, unser Leib möge immer mehr ein Tempel des Heiligen Geistes werden. So kann das Gebet dann auch aus dem Leib aufsteigen.
Abgeschlossen wird die Gebetsübung mit einem Dank an den Heiligen Geist für das, was er jetzt an uns und in uns gewirkt hat, und eine kurze Reflexion darüber, was in der Übung in uns geschehen ist und was uns an geistlichen Regungen berührt hat (Das kann man aufschreiben, so dass im Laufe der Zeit daraus ein geistliches Tagebuch wird.).
Was wir tun können, ist: zur Ruhe kommen, um den Heiligen Geist bitten. Sonst können wir nichts machen. Alles andere macht der Heilige Geist: Er lässt uns spüren, dass Gott gegenwärtig ist.
Denn dass der Name JESUS kommt, kann ich nicht machen, nicht erzwingen, sondern ich kann nur warten und es geschehen lassen, es zulassen.
Und wenn er noch nicht kommt, dann ist das kein Defizit, sondern ein Weg, ein Werden, ein Wachsen und Reifen. Jede Phase dieses Prozesses, jeder Augenblick auf diesem Weg ist wertvoll. Nichts darf ungeduldig übersprungen werden. Verborgen ist er schon da und im Kommen. Wie in Brot und Wein, wie in den Elementen des Abendmahls ist er schon da, auch wenn man noch nichts sieht. Wie der Same, der in die Erde gelegt ist, still und langsam und verborgen wächst, so ist er jetzt schon da. „Gottes Sein ist im Werden.“
5. Die Körperhaltung beim Herzensgebet
Bei der Körperhaltung ist es wie mit dem Wort, das aufsteigen und nicht erzwungen werden soll: Sie soll sich ergeben. Sie soll denen, die üben, jeweils entsprechen. Aber sie sollte dann auch bewusst angenommen werden. Stille und Gebet kommen aus dem Leib und wachsen aus ihm heraus. Auch die Gebetsgebärde, die Haltung des Betens. Sie kann nicht aufoktroyiert werden.
Es muss nicht eine bestimmte Körperhaltung sein; aber sie sollte bewusst gewählt und nicht erzwungen werden. Insofern ist ihr große Beachtung zu schenken! Bei uns in den westlichen Häusern der Stille hat sich die Haltung des Sitzens auf dem Meditationsbänkchen oder dem Stuhl, bei einigen auch auf dem Meditationskissen (halber oder ganzer Lotussitz) eingebürgert. Aber zwingen Sie sich nicht zu einer Gebetshaltung, nur weil sie verbreitet ist. Eine Leibübung am Anfang fördert die Intensität des Gebets bzw. der Versenkung! (Entweder Yoga oder QiGong oder „Rhythmus – Atem – Bewegung“; ich habe mich für letztere Übungsweise [nach H. L. Scharing] entschieden, und zwar deshalb, weil sie m.E. am meisten der Wirkung der Gnade Gottes und der evangelischen Rechtfertigungslehre entspricht, die mehr auf die Passivität und Rezeptivität des Glaubens abzielt).
6. Struktur der Gebetszeit
Für alle Gebetsübungen gilt: Sie sollen durch einen eigenen Gebetsgang vorbereitet – und durch einen anderen auch abgeschlossen werden.
Es ist für die Qualität, für die Intensität des Gebets sehr wichtig, dass es eingeleitet wird. Es ist entscheidend, wie wir in das Herzensgebet oder in die Meditation hineinkommen. Das geschieht einmal durch das Gebet, dass der Heilige Geist in der Zeit, die wir für das Gebet haben, uns „sammelt, erleuchtet, heiligt“ (Luther). Und es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass wir jetzt Zeit für Gott haben und dass wir in dieser Zeit nichts leisten müssen, sondern das er uns begegnen will.
Zum andern geschieht es durch Wahrnehmung des Leibes; ich biete die Übungsweise nach H.L. Scharing an („Rhythmus – Atem – Bewegung“; s.o.). So können wir – jetzt und hier – leibhaftig da sein. Das Bewusstwerden und Spüren des Leibes wird zum Gebet, unser Leib möge immer mehr ein Tempel des Heiligen Geistes werden. So kann das Gebet dann auch aus dem Leib aufsteigen.
Abgeschlossen wird die Gebetsübung mit einem Dank an den Heiligen Geist für das, was er jetzt an uns und in uns gewirkt hat, und eine kurze Reflexion darüber, was in der Übung in uns geschehen ist und was uns an geistlichen Regungen berührt hat (Das kann man aufschreiben, so dass im Laufe der Zeit daraus ein geistliches Tagebuch wird.).
Was wir tun können, ist: zur Ruhe kommen, um den Heiligen Geist bitten. Sonst können wir nichts machen. Alles andere macht der Heilige Geist: Er lässt uns spüren, dass Gott gegenwärtig ist.
7. Eigene Leistung oder Passivität?
Zitat aus der Schrift „Das Jesusgebet“, von einem anonymen Christen verfasst, von Emmanuel Jungclaussen herausgegeben:
„Anfänger machen meistens den Fehler, dass sie die Anrufung des heiligen Namens mit inne- rer Anstrengung und Gefühlsbewegung verbinden möchten. ... [Es folgt der Hinweis auf Elia, dem Gott am Horeb nicht in den lauten und gewaltigen Naturphänomenen begegnete, sondern in der „Stimme verschwebenden Schweigens“ [1] – eine Situation, die Elia nicht durch eine große Gemütsbewegung herbeizwingen konnte, sondern die sich ganz ohne sein Zutun einstellte (1. Kön 19, 13)]. Krampfhafte Anstrengung und die Suche nach einem besonderen Erlebnis sind vergebens. Wenn du den heiligen Namen wiederholst, so konzentriere deine Gedanken, Gefühle und Wünsche nach und nach auf den Namen. Sammle in ihm dein ganzes Wesen. Wie ein Öltropfen auf einem Tuch sich ausbreitet und es durchtränkt, so lass den Namen deine Seele durchdringen. Nicht der kleinste Teil deines Selbst soll davon ausgenommen sein. Unterwerfe dein ganzes Sein und schließe es in den Namen ein. (Emmanuel Jungclaussen, Hinführung zum Jesusgebet, § 10).
Das soll aber keine Leistung sein! Wir sollen es einfach geschehen lassen. Lassen! Nicht machen! Keine Energie darauf verwenden!
„Wie ein Öltropfen auf einem Tuch“: so soll der Name sich ausbreiten! Ganz von selbst soll er alle Bereiche der Seele erfassen, wie der Sauerteig das Mehl durchwirkt.
Wenn man sich dauernd dazu aufschwingt, von großen Gefühlen und heftigen Gemütsbewegungen erfasst zu werden, und sich unter Erfolgsdruck setzt, besteht die Gefahr, dass man in geistliche Begehrlichkeit kommt und der geistlichen Genusssucht verfällt (s.u. Abschnitt X „Umgang mit Zeiten geistlicher Dürre“). (Von den Wüstenvätern wird dies auch „geistliche Gefräßigkeit“ genannt.). Deshalb soll jeder Erwartungsdruck auf Erfolg hin (oder zu einem besonderen Erlebnis hin) aufgegeben werden. Das ist die Haltung der Absichtslosigkeit, der Zwecklosigkeit und der Hingabe an Gott. „Sag dein Wort und sei zufrieden, es zu sagen.“ (Euagrios; dies kann eine durchgängige Meditationshaltung werden!) Ich soll mit meinem Gebet keinen Zweck verfolgen.
Dies gilt gerade auch dann, wenn wir nichts Nennenswertes erleben, wenn wir nur das Schweigen Gottes oder gar nichts wahrnehmen. Luther kannte die „resignatio ad infernum“, die Erfahrung und demütige Annahme der Verworfenheit, der eigenen Verdammnis, des Nicht-Geheilt/Gerettet-Seins als tiefste, zuäußerst selbstlose Gestalt des Glaubens bis zur Selbstentäußerung (Kenosis: eine Haltung, die auch Christus selbst zugeschrieben wird auf seinem Weg bis zum Tode am Kreuz: Vgl. Phil 2, 5-11: „Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an.“). Auch die Mystiker und Mystikerinnen kennen das Ja zum Dunkel Gottes (Johannes vom Kreuz, Marie Noël). Dieses Ja kann ein länger andauernder Meditationszustand sein, eine Wüstenwanderung durch ein ausgedehntes Trockengebiet, eine schier unerträglich lange Durststrecke, ein Weg zum eigenen Kreuz.
Es kommt alles darauf an, dass man sich dem Wirken des Geistes restlos preisgibt. Auch wenn er manchmal scheinbar nicht wirkt, ist das sein Wirken. Er will uns gerade damit etwas sagen. Alle Dinge – auch das scheinbare Nicht-Wirken des Heiligen Geistes – müssen uns zum Besten dienen.
Auf den Stufen zur Einheit mit Gott kommt man um den Pfad durch das tiefe Tal nicht herum. Es ist die Erfahrung der Gottesferne.
Zitat aus der Schrift „Das Jesusgebet“, von einem anonymen Christen verfasst, von Emmanuel Jungclaussen herausgegeben:
„Anfänger machen meistens den Fehler, dass sie die Anrufung des heiligen Namens mit inne- rer Anstrengung und Gefühlsbewegung verbinden möchten. ... [Es folgt der Hinweis auf Elia, dem Gott am Horeb nicht in den lauten und gewaltigen Naturphänomenen begegnete, sondern in der „Stimme verschwebenden Schweigens“ [1] – eine Situation, die Elia nicht durch eine große Gemütsbewegung herbeizwingen konnte, sondern die sich ganz ohne sein Zutun einstellte (1. Kön 19, 13)]. Krampfhafte Anstrengung und die Suche nach einem besonderen Erlebnis sind vergebens. Wenn du den heiligen Namen wiederholst, so konzentriere deine Gedanken, Gefühle und Wünsche nach und nach auf den Namen. Sammle in ihm dein ganzes Wesen. Wie ein Öltropfen auf einem Tuch sich ausbreitet und es durchtränkt, so lass den Namen deine Seele durchdringen. Nicht der kleinste Teil deines Selbst soll davon ausgenommen sein. Unterwerfe dein ganzes Sein und schließe es in den Namen ein. (Emmanuel Jungclaussen, Hinführung zum Jesusgebet, § 10).
Das soll aber keine Leistung sein! Wir sollen es einfach geschehen lassen. Lassen! Nicht machen! Keine Energie darauf verwenden!
„Wie ein Öltropfen auf einem Tuch“: so soll der Name sich ausbreiten! Ganz von selbst soll er alle Bereiche der Seele erfassen, wie der Sauerteig das Mehl durchwirkt.
Wenn man sich dauernd dazu aufschwingt, von großen Gefühlen und heftigen Gemütsbewegungen erfasst zu werden, und sich unter Erfolgsdruck setzt, besteht die Gefahr, dass man in geistliche Begehrlichkeit kommt und der geistlichen Genusssucht verfällt (s.u. Abschnitt X „Umgang mit Zeiten geistlicher Dürre“). (Von den Wüstenvätern wird dies auch „geistliche Gefräßigkeit“ genannt.). Deshalb soll jeder Erwartungsdruck auf Erfolg hin (oder zu einem besonderen Erlebnis hin) aufgegeben werden. Das ist die Haltung der Absichtslosigkeit, der Zwecklosigkeit und der Hingabe an Gott. „Sag dein Wort und sei zufrieden, es zu sagen.“ (Euagrios; dies kann eine durchgängige Meditationshaltung werden!) Ich soll mit meinem Gebet keinen Zweck verfolgen.
Dies gilt gerade auch dann, wenn wir nichts Nennenswertes erleben, wenn wir nur das Schweigen Gottes oder gar nichts wahrnehmen. Luther kannte die „resignatio ad infernum“, die Erfahrung und demütige Annahme der Verworfenheit, der eigenen Verdammnis, des Nicht-Geheilt/Gerettet-Seins als tiefste, zuäußerst selbstlose Gestalt des Glaubens bis zur Selbstentäußerung (Kenosis: eine Haltung, die auch Christus selbst zugeschrieben wird auf seinem Weg bis zum Tode am Kreuz: Vgl. Phil 2, 5-11: „Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an.“). Auch die Mystiker und Mystikerinnen kennen das Ja zum Dunkel Gottes (Johannes vom Kreuz, Marie Noël). Dieses Ja kann ein länger andauernder Meditationszustand sein, eine Wüstenwanderung durch ein ausgedehntes Trockengebiet, eine schier unerträglich lange Durststrecke, ein Weg zum eigenen Kreuz.
Es kommt alles darauf an, dass man sich dem Wirken des Geistes restlos preisgibt. Auch wenn er manchmal scheinbar nicht wirkt, ist das sein Wirken. Er will uns gerade damit etwas sagen. Alle Dinge – auch das scheinbare Nicht-Wirken des Heiligen Geistes – müssen uns zum Besten dienen.
Auf den Stufen zur Einheit mit Gott kommt man um den Pfad durch das tiefe Tal nicht herum. Es ist die Erfahrung der Gottesferne.
Durch das Herzensgebet gelangen wir nicht ins Paradies, sondern bleiben in dieser Welt. Hier,
in der Wirklichkeit der Welt, will Gott uns lieben und uns begegnen. Und in dieser
Wirklichkeit ist auch der geistliche Weg nicht frei von Wüstenstrecken. Diese Wirklichkeit
hat Jesus ans Kreuz gebracht (vgl. Abschnitt X „Umgang mit Zeiten geistlicher Dürre“).
8. Umgang mit Ablenkungen
Wie können wir mit Ablenkungen umgehen?
Die einen sagen: keine Energie aufwenden, um die Ablenkungen zu vertreiben. Von anderen wird gesagt, dass man sich unter keinen Umständen ablenken und vom Weg der Kontemplation des Namens JESUS abbringen lassen soll, auch wenn es Anstrengung kostet. Beides ist zu beachten: Kein Krampf beim Kampf gegen die Ablenkung! In solchem Kampf ganz locker bleiben! Schon wenn wir bemerken, dass wir uns ablenken lassen, und es wahr- nehmen, d.h. wahr sein lassen, sind wir wieder auf dem Weg. Vor allem sollen Sie sich keine Selbstvorwürfe machen, sondern einfach auf den Weg der Wachsamkeit und Aufmerksamkeit zurückkehren!
Nicht eigenen Gedanken folgen, nicht den eigenen Erinnerungen und Gefühlen folgen! Es genügt die ganze Aufmerksamkeit, das Wort zu sagen.
Alles loslassen, was beunruhigt. Auch das loslassen, was glücklich macht.
Ein Weg, mit Ablenkungen umzugehen, ist:
Bei der Kontemplation stelle ich mich neben mich selbst. Dort das Ich, das von Wünschen und Gedankensprüngen und Erinnerungen bestimmt ist, das sich dauernd ablenken lässt, das „Welt-Ich“, das „Ego-Ich“ – aber hier das Selbst, das jetzt präsent ist als Leib und Seele und betet und das darüber hinaus das Ego-Ich wahr-nimmt! Das Ich (das Ego-Ich) muss, darf sterben!
In die Gedanken und Wünsche und Erinnerungen des Welt-Ich lasse ich mich nicht verwickeln, nicht involvieren. Ich lasse die Gedanken, die kommen wollen, kommen und auch wieder gehen. Ich kann sie begrüßen – und kann mich dann auch gleich wieder von ihnen verabschieden. Die Gedanken sollen / können an mir vorüberziehen. Die Gedanken: das ist mein Welt-Ich, das mich in alle möglichen ungeordneten Wünsche und emotionalen Konstellationen verwickeln will. Davon lasse ich mich aber nicht beherrschen. Die Gedanken sind da, aber sie haben nichts mit meinem Gebets-Ich zu tun. Jetzt – d.h. für die Dauer der Gebetszeit – nicht!
Ein anderer Weg, mit Ablenkungen umzugehen, ist der schon erwähnte Ratschlag von Gerhard Tersteegen: „Mach ein Gebetlein daraus!“ Also wenn ich mich mal habe ablenken lassen und ich bemerke es nachträglich (der Augenblick des Abgelenkt-Werdens ereignet sich ja unbemerkt), kann ich den Inhalt der Ablenkung in einem „Gebetlein“ vor Gott bringen, und schon ist meine Ablenkung in meine Präsenz vor Gott integriert.
9. Umgang mit Zeiten geistlicher Dürre
Zitat aus dem Buch „Das Jesusgebet“: „Es ist natürlich, dass wir bei der Anrufung des Na- mens hoffen und danach trachten, irgendein „positives“ oder „greifbares“ Ergebnis zu erzielen, d.h. zu spüren, dass wir einen echten Kontakt zur Person unseres Herrn haben. ... Aber wir müssen ein übertriebenes Verlangen nach solchen Erfahrungen meiden; religiöse Gefühle können leicht zum Vorwand für eine gefährliche Art von Begierde und Sinnlichkeit werden. Denken wir nicht, wir hätten unsere Zeit verschwendet und unsere Bemühungen seien fruchtlos gewesen, wenn wir der Anrufung eine bestimmte Zeit gewidmet haben, ohne auch nur das Geringste dabei gefühlt zu haben. Im Gegenteil: Dieses scheinbar so trockene Gebet wird Gott vielleicht mehr erfreuen als ein augenblicklicher Begeisterungstaumel; denn es war frei von jedem selbstsüchtigen Streben nach geistlichem Genuss. Es ist das Gebet des schlich- ten und reinen Willens. Wir sollten deshalb daran festhalten, der Anrufung des Namens jeden Tag regelmäßig eine bestimmte Zeit zu widmen, auch
8. Umgang mit Ablenkungen
Wie können wir mit Ablenkungen umgehen?
Die einen sagen: keine Energie aufwenden, um die Ablenkungen zu vertreiben. Von anderen wird gesagt, dass man sich unter keinen Umständen ablenken und vom Weg der Kontemplation des Namens JESUS abbringen lassen soll, auch wenn es Anstrengung kostet. Beides ist zu beachten: Kein Krampf beim Kampf gegen die Ablenkung! In solchem Kampf ganz locker bleiben! Schon wenn wir bemerken, dass wir uns ablenken lassen, und es wahr- nehmen, d.h. wahr sein lassen, sind wir wieder auf dem Weg. Vor allem sollen Sie sich keine Selbstvorwürfe machen, sondern einfach auf den Weg der Wachsamkeit und Aufmerksamkeit zurückkehren!
Nicht eigenen Gedanken folgen, nicht den eigenen Erinnerungen und Gefühlen folgen! Es genügt die ganze Aufmerksamkeit, das Wort zu sagen.
Alles loslassen, was beunruhigt. Auch das loslassen, was glücklich macht.
Ein Weg, mit Ablenkungen umzugehen, ist:
Bei der Kontemplation stelle ich mich neben mich selbst. Dort das Ich, das von Wünschen und Gedankensprüngen und Erinnerungen bestimmt ist, das sich dauernd ablenken lässt, das „Welt-Ich“, das „Ego-Ich“ – aber hier das Selbst, das jetzt präsent ist als Leib und Seele und betet und das darüber hinaus das Ego-Ich wahr-nimmt! Das Ich (das Ego-Ich) muss, darf sterben!
In die Gedanken und Wünsche und Erinnerungen des Welt-Ich lasse ich mich nicht verwickeln, nicht involvieren. Ich lasse die Gedanken, die kommen wollen, kommen und auch wieder gehen. Ich kann sie begrüßen – und kann mich dann auch gleich wieder von ihnen verabschieden. Die Gedanken sollen / können an mir vorüberziehen. Die Gedanken: das ist mein Welt-Ich, das mich in alle möglichen ungeordneten Wünsche und emotionalen Konstellationen verwickeln will. Davon lasse ich mich aber nicht beherrschen. Die Gedanken sind da, aber sie haben nichts mit meinem Gebets-Ich zu tun. Jetzt – d.h. für die Dauer der Gebetszeit – nicht!
Ein anderer Weg, mit Ablenkungen umzugehen, ist der schon erwähnte Ratschlag von Gerhard Tersteegen: „Mach ein Gebetlein daraus!“ Also wenn ich mich mal habe ablenken lassen und ich bemerke es nachträglich (der Augenblick des Abgelenkt-Werdens ereignet sich ja unbemerkt), kann ich den Inhalt der Ablenkung in einem „Gebetlein“ vor Gott bringen, und schon ist meine Ablenkung in meine Präsenz vor Gott integriert.
9. Umgang mit Zeiten geistlicher Dürre
Zitat aus dem Buch „Das Jesusgebet“: „Es ist natürlich, dass wir bei der Anrufung des Na- mens hoffen und danach trachten, irgendein „positives“ oder „greifbares“ Ergebnis zu erzielen, d.h. zu spüren, dass wir einen echten Kontakt zur Person unseres Herrn haben. ... Aber wir müssen ein übertriebenes Verlangen nach solchen Erfahrungen meiden; religiöse Gefühle können leicht zum Vorwand für eine gefährliche Art von Begierde und Sinnlichkeit werden. Denken wir nicht, wir hätten unsere Zeit verschwendet und unsere Bemühungen seien fruchtlos gewesen, wenn wir der Anrufung eine bestimmte Zeit gewidmet haben, ohne auch nur das Geringste dabei gefühlt zu haben. Im Gegenteil: Dieses scheinbar so trockene Gebet wird Gott vielleicht mehr erfreuen als ein augenblicklicher Begeisterungstaumel; denn es war frei von jedem selbstsüchtigen Streben nach geistlichem Genuss. Es ist das Gebet des schlich- ten und reinen Willens. Wir sollten deshalb daran festhalten, der Anrufung des Namens jeden Tag regelmäßig eine bestimmte Zeit zu widmen, auch
dieses Gebet kalt und trocken. Und eine derart ernsthafte Willensübung, ein derart nüchternes „Harren“ auf den Namen JESUS, wird nicht ohne Segen und Kraft für uns bleiben.“
(Emmanuel Jungclaussen, Hinführung zum Jesusgebet, § 12).
Das Jesusgebet bewirkt dann die Veränderung unseres Lebens von Grund auf, wenn wir es über eine große Zeitspanne regelmäßig üben. Besondere Bedeutung kommt dann den „trockenen“, dürren Zeiten zu. Sie sind die Basis, von der aus der Heilige Geist sein Werk an uns tut. Hier sollten wir dem Gebet treu bleiben, gerade auch in den schweren und langweiligen Phasen.
Wenn wir in diesen Zeiten geistlicher Dürre dem Herzensgebet treu bleiben, werden wir es mehr als sonst in Absichtslosigkeit üben. Wir sind dann weitgehend gefeit davor, dass wir ein besonderes geistliches Erlebnis erwarten und nur deshalb das Herzensgebet üben.
Es ist wie in der Ehe: Die Zeiten des Verliebtseins sind leicht zu durchleben; die lebenslange Liebe aber besteht ihre Bewährungsprobe dann, wenn sie die Zeiten der Routine oder der Anfechtung durchzuhalten vermag bis zur Erneuerung!
10. Die Leichtigkeit des Herzensgebets
Zitat aus dem Buch „Das Jesusgebet“: „Während der Anrufung selbst sollte man den Namen nicht ständig „wörtlich“ wiederholen. Wenn man den Namen ausspricht, dann sollte er in den folgenden Sekunden und Minuten der Ruhe und Sammlung fortklingen.
Die Wiederholung des Namens gleicht dem Flügelschlag eines Vogels, durch den dieser sich in die Lüfte erhebt. Nie darf solches schwerfällig, erzwungen, hastig oder geräuschvoll geschehen. Vielmehr muss es ruhig, leicht und im wahrsten Sinne des Wortes gnadenhaft und anmutig sein. Hat der Vogel die gewünschte Höhe erreicht, so gleitet er im Flug dahin und nur von Zeit zu Zeit schlägt er mit seinen Flügeln, um sich in der Luft zu halten. Genau so kann auch die Seele, wenn sie den Gedanken an Jesus in sich aufgenommen hat und von seiner Gegenwart erfüllt ist, aufhören, den Namen zu wiederholen, und im Herrn ruhen. Die Wiederholung soll erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Gefahr besteht, dass das Denken an Jesus von fremden Vorstellungen verdrängt wird. In diesem Fall sollte man wieder mit der Anrufung beginnen, um frischen Auftrieb zu bekommen. (Emmanuel Jungclaussen, Hinführung zum Jesusgebet, § 11).
11. Einstimmung ins Herzensgebet: Sehnsucht
Das Eingangstor des Heiligen Geistes ist unsere Sehnsucht. Sehnsucht ist nichts Gemachtes, sondern etwas, das wachsen will; Wachstum ist ebenfalls eine Wirkung des Heiligen Geistes. Unsere Sehnsucht entfaltet sich, wenn wir sie nicht behindern oder gar in uns abtöten. Für alle Formen der Spiritualität gilt: die Sehnsucht danach pflegen, wie eine Blume begießen, dann wächst sie, aber nicht aus unserer Kraft, sondern von der Kraft, die Gott in sie hineingelegt hat.
Ein inneres Gespräch ist immer da. Ein inneres Wünschen ist auch immer da. Auch wenn wir mit etwas anderem beschäftigt sind: Da ist immer ein Strom des inneren Wünschens. Dass sich unser Herz an etwas hängt, ist auch immer da. „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ (Martin Luther) Mein Beten, das bin ich selbst! (Friedrich Weinreb) Mein Beten - das ist nichts weniger als mein Sein! Das ist der (innere) Vollzug meiner Existenz! Wenn ich mir dessen bewusst werde, erkenne ich an, dass mein Alltag vom Ewigen durchwirkt ist. Das kann sehr verschüttet sein, wenn das Ewige in mir verdunkelt ist durch mein Hängen an Dinge, die dem Ewigen fremd sind. Dass ich aber damit rechne und damit Ernst mache, dass das Ewige auch meinen ganz gewöhnlichen Alltag bestimmt, gehört zu den Voraussetzungen, dass mein Leben gelingt und ich den Sinn meines Lebens finde.
Das Jesusgebet bewirkt dann die Veränderung unseres Lebens von Grund auf, wenn wir es über eine große Zeitspanne regelmäßig üben. Besondere Bedeutung kommt dann den „trockenen“, dürren Zeiten zu. Sie sind die Basis, von der aus der Heilige Geist sein Werk an uns tut. Hier sollten wir dem Gebet treu bleiben, gerade auch in den schweren und langweiligen Phasen.
Wenn wir in diesen Zeiten geistlicher Dürre dem Herzensgebet treu bleiben, werden wir es mehr als sonst in Absichtslosigkeit üben. Wir sind dann weitgehend gefeit davor, dass wir ein besonderes geistliches Erlebnis erwarten und nur deshalb das Herzensgebet üben.
Es ist wie in der Ehe: Die Zeiten des Verliebtseins sind leicht zu durchleben; die lebenslange Liebe aber besteht ihre Bewährungsprobe dann, wenn sie die Zeiten der Routine oder der Anfechtung durchzuhalten vermag bis zur Erneuerung!
10. Die Leichtigkeit des Herzensgebets
Zitat aus dem Buch „Das Jesusgebet“: „Während der Anrufung selbst sollte man den Namen nicht ständig „wörtlich“ wiederholen. Wenn man den Namen ausspricht, dann sollte er in den folgenden Sekunden und Minuten der Ruhe und Sammlung fortklingen.
Die Wiederholung des Namens gleicht dem Flügelschlag eines Vogels, durch den dieser sich in die Lüfte erhebt. Nie darf solches schwerfällig, erzwungen, hastig oder geräuschvoll geschehen. Vielmehr muss es ruhig, leicht und im wahrsten Sinne des Wortes gnadenhaft und anmutig sein. Hat der Vogel die gewünschte Höhe erreicht, so gleitet er im Flug dahin und nur von Zeit zu Zeit schlägt er mit seinen Flügeln, um sich in der Luft zu halten. Genau so kann auch die Seele, wenn sie den Gedanken an Jesus in sich aufgenommen hat und von seiner Gegenwart erfüllt ist, aufhören, den Namen zu wiederholen, und im Herrn ruhen. Die Wiederholung soll erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Gefahr besteht, dass das Denken an Jesus von fremden Vorstellungen verdrängt wird. In diesem Fall sollte man wieder mit der Anrufung beginnen, um frischen Auftrieb zu bekommen. (Emmanuel Jungclaussen, Hinführung zum Jesusgebet, § 11).
11. Einstimmung ins Herzensgebet: Sehnsucht
Das Eingangstor des Heiligen Geistes ist unsere Sehnsucht. Sehnsucht ist nichts Gemachtes, sondern etwas, das wachsen will; Wachstum ist ebenfalls eine Wirkung des Heiligen Geistes. Unsere Sehnsucht entfaltet sich, wenn wir sie nicht behindern oder gar in uns abtöten. Für alle Formen der Spiritualität gilt: die Sehnsucht danach pflegen, wie eine Blume begießen, dann wächst sie, aber nicht aus unserer Kraft, sondern von der Kraft, die Gott in sie hineingelegt hat.
Ein inneres Gespräch ist immer da. Ein inneres Wünschen ist auch immer da. Auch wenn wir mit etwas anderem beschäftigt sind: Da ist immer ein Strom des inneren Wünschens. Dass sich unser Herz an etwas hängt, ist auch immer da. „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ (Martin Luther) Mein Beten, das bin ich selbst! (Friedrich Weinreb) Mein Beten - das ist nichts weniger als mein Sein! Das ist der (innere) Vollzug meiner Existenz! Wenn ich mir dessen bewusst werde, erkenne ich an, dass mein Alltag vom Ewigen durchwirkt ist. Das kann sehr verschüttet sein, wenn das Ewige in mir verdunkelt ist durch mein Hängen an Dinge, die dem Ewigen fremd sind. Dass ich aber damit rechne und damit Ernst mache, dass das Ewige auch meinen ganz gewöhnlichen Alltag bestimmt, gehört zu den Voraussetzungen, dass mein Leben gelingt und ich den Sinn meines Lebens finde.
Wenn ich meine, nicht beten zu können, kann ich an diesen inneren Strom des richtungs- und
ordnungslosen „Es redet in mir“ anknüpfen.
Durch das bewusste Beten findet meine Sehnsucht, mein inneres Wünschen, das ohne die Gebetsübung chaotisch bleiben würde, eine Richtung und ein ordnendes Ziel: Gott.
Doch wichtiger noch als unsere Sehnsucht nach Gott ist Gottes Sehnsucht nach uns, nach mir. Die Bibel ist erfüllt von Gottes Lust an mir, seinem Wohlgefallen an mir, von Gottes Barmherzigkeit, die zu mir entbrannt ist (vgl. Hosea 11, 8: „Mein Herz dreht sich um in mir, mein Mitleid lodert auf.“; Ps 18, 20: „Er riss mich heraus, denn er hatte Lust zu mir.“; Jes 54, 7f: „Denn mit großem Erbarmen hole ich dich heim, in ewiger Liebe erbarme ich mich deiner.“; u.a.). Wenn wir, geleitet von unserer Sehnsucht nach ihm, immer mehr eins mit ihm werden, dann werden wir immer mehr seine Sehnsucht nach uns spüren können, die immer mehr in uns wohnt und immer mehr eins wird mit unserer Sehnsucht. Dann ist auch die Pflege unserer Sehnsucht nicht länger unser Werk, sondern sein Wirken an uns, das Wirken des Heiligen Geistes. In unserem Gebet können sich unsere Sehnsucht nach Gott und Gottes Sehnsucht nach uns begegnen und vereinigen.
Durch das bewusste Beten findet meine Sehnsucht, mein inneres Wünschen, das ohne die Gebetsübung chaotisch bleiben würde, eine Richtung und ein ordnendes Ziel: Gott.
Doch wichtiger noch als unsere Sehnsucht nach Gott ist Gottes Sehnsucht nach uns, nach mir. Die Bibel ist erfüllt von Gottes Lust an mir, seinem Wohlgefallen an mir, von Gottes Barmherzigkeit, die zu mir entbrannt ist (vgl. Hosea 11, 8: „Mein Herz dreht sich um in mir, mein Mitleid lodert auf.“; Ps 18, 20: „Er riss mich heraus, denn er hatte Lust zu mir.“; Jes 54, 7f: „Denn mit großem Erbarmen hole ich dich heim, in ewiger Liebe erbarme ich mich deiner.“; u.a.). Wenn wir, geleitet von unserer Sehnsucht nach ihm, immer mehr eins mit ihm werden, dann werden wir immer mehr seine Sehnsucht nach uns spüren können, die immer mehr in uns wohnt und immer mehr eins wird mit unserer Sehnsucht. Dann ist auch die Pflege unserer Sehnsucht nicht länger unser Werk, sondern sein Wirken an uns, das Wirken des Heiligen Geistes. In unserem Gebet können sich unsere Sehnsucht nach Gott und Gottes Sehnsucht nach uns begegnen und vereinigen.
[1] Von Martin Buber so übersetzt. In der Übersetzung Luthers: in „einem sanften Säuseln“. Die Sprache geht hier
an die Grenze des Ausdrückbaren: eine Stimme, die ein Schweigen ist. Das transzendiert alle Wirklichkeit und
ist doch umfassend, aber unfassbar. Es bedarf einer besonderen Sensibilität, um es wahrzunehmen. In Bubers
Übersetzung „in einer Stimme verschwebenden Schweigens“ ist diese Transzendenz noch einmal transzendiert:
ein Schweigen, das verschwebt, aber als Stimme hörbar, erfahrbar wird.