Ketzerei!
Oder: Die Angst der Mächtigen vor der Allversöhnung.
Mit
aufmüpfigen Gedanken, die etablierte (Denk-)Systeme in Frage
stellen, tut sich die herrschende Klasse schwer, die sich wohlig in den
bestehenden Verhältnissen eingerichtet hat - denn das Ketzerische
schafft Aufruhr und will verändern. Oftmals ist die Angst auch sehr
berechtigt, wie das
Beispiel von Dr. Martin
Luther zeigt, der am 10. Dezember 1520 in Wittenberg vor dem Elstertor
die päpstliche Bannandrohung verbrannte und eine Institution
anprangerte, die in seinen Augen historisch überaus belastet und
geistlich inkompetent war. Diese Skepsis gegenüber selbsternannten
Autoritäten und die Weigerung, es sich nicht verbieten zu lassen, selbst
zu denken, zeichnet diese Menschen aus. Diese Querdenker stellen ihr
Gewissen über die Anerkennung der Gesellschaft und verändern sie oft
gerade dadurch.
Manchmal entzündet sich das Ärgernis nur an einer Frage. Eine solche lautet: „Wie kann es sein, dass jemand für Sünden, die in einigen Jahren oder auch Jahrzehnten begangen wurden, endlos bestraft wird?“
Diese
Frage stand auch in einem Brief, den Stephan bar Sudaili, ein
junger Mönch aus Edessa (heute Urfa, Türkei) um 480, einem
Mitbruder um Rat bittend, stellte. Kurze Zeit später wurde er
exkommuniziert, er musste Edessa verlassen und suchte Zuflucht in
einem Orden von Geistesverwandten in Palästina, um Ordnung in
seine Gedanken zu bringen. Eines Tages, so ist überliefert,
begegnete er an Abrahams Grab einem Juden, dem er seine Geschichte
erzählte. Er sprach ihm zu: „Fürchte dich nicht, wenn
sie dich Gottesmörder schimpfen, denn auch du wirst mit Abraham
zu Tische sitzen.“ [45].
Dies
konnte er sagen, weil er an die Wiederherstellung aller Dinge glaubte, auch
" Apokatastasis panton" (nach Apg. 3:21) genannt. Diese Sicht
wurde in Alexandria von Clemens von Alexandria (150-215 n. Chr.) und
dem Kirchenvater Origenes (185-254 n. Chr.) vertreten. Clemens von
Alexandrien betrachtete Rache als etwas, das nicht zu Gottes Wesen
passt. Denn Rache ausüben wäre nichts anderes als "Böses
mit Bösem zu vergelten, wohingegen Gott den Gezüchtigten um
seines eigenes Wohles willen züchtigt". Origenes [35]
meinte beispielsweise: "Und ich bin der Überzeugung,
dass er (Gott) die Lasterhaftigkeit auch in
geordneter Weise (einmal) ganz und gar vertilgt, zum Heile des
Ganzen." und "Wie es bei den körperlichen
Krankheiten und Wunden einige gibt, die durch keine ärztliche
Kunst geheilt werden können, so ist es andererseits, wie wir
behaupten, unwahrscheinlich, dass bei den Seelen ein von der Sünde
herstammendes Gebrechen vorhanden sei, das unmöglich von der
über allen waltenden Vernunft und von Gott geheilt werden
könnte".
Diese Auslegungen passten allerdings so gar nicht zu der Ideologie anderer Kirchenmänner, die auch in das neu aufkommende Christentum die bereits von vielen heidnischen Religionen gut eingeführte Höllenlehre integrieren wollten. Es hat sich als ein Disziplinierungsinstrument erster Güte bewährt, mit denen Mitglieder willig gemacht wurden, regelmäßig in die geweihten Gemäuer zu pilgern und ihren Obolus abzugeben. Beides mehrte die Macht und den Reichtum der jeweiligen religiösen Elite.
Diese Auslegungen passten allerdings so gar nicht zu der Ideologie anderer Kirchenmänner, die auch in das neu aufkommende Christentum die bereits von vielen heidnischen Religionen gut eingeführte Höllenlehre integrieren wollten. Es hat sich als ein Disziplinierungsinstrument erster Güte bewährt, mit denen Mitglieder willig gemacht wurden, regelmäßig in die geweihten Gemäuer zu pilgern und ihren Obolus abzugeben. Beides mehrte die Macht und den Reichtum der jeweiligen religiösen Elite.
Origenes,
genannt „der Diamantene“, drohte diese Aussicht zu
zerstören. Obwohl er ein Mann der Kirche sein wollte, wurde er
zum Einzelgänger. „Es gibt in der Kirche keinen Denker“,
so der katholische Hans von Baltasar,
„der so unsichtbar -allgegenwärtig geblieben wäre wie
Origenes“. Kirchenväter wie Ambrosius von Mailand
schrieben von ihm ab. Seine Produktivität, die Schätzungen
liegen zwischen 2000 bis 6000 Veröffentlichungen, war
gigantisch.
Origenes lebte in ungemütlichen Zeiten. Als er 17 Jahre alt war, wurde sein Vater wegen seines christlichen Glaubens hingerichtet. Der Asket Origenes selbst wurde im Alter von 65 Jahren während der Christenhatz unter Decius inhaftiert und gefoltert. Gelebt hat er zunächst in Alexandria und später dann in der palästinensischen Hafenstadt Cäsarea. Er war Priester, wurde anerkannter Hebräisch-Experte und lebte zölibatär, was für ihn kein großes Problem darstellte; er hatte sich in jungen Jahren selbst kastriert.
Seine Lehre über die Wiederbringung Aller ist nur in Andeutungen rekonstruierbar aus seinem Hauptwerk Peri Archon (Über die Ursprünge), in dem es zusammenfassend heißt: „Die Güte Gottes wird durch Christus die ganze Welt zur ursprünglichen Einheit bringen.“
Origenes lebte in ungemütlichen Zeiten. Als er 17 Jahre alt war, wurde sein Vater wegen seines christlichen Glaubens hingerichtet. Der Asket Origenes selbst wurde im Alter von 65 Jahren während der Christenhatz unter Decius inhaftiert und gefoltert. Gelebt hat er zunächst in Alexandria und später dann in der palästinensischen Hafenstadt Cäsarea. Er war Priester, wurde anerkannter Hebräisch-Experte und lebte zölibatär, was für ihn kein großes Problem darstellte; er hatte sich in jungen Jahren selbst kastriert.
Seine Lehre über die Wiederbringung Aller ist nur in Andeutungen rekonstruierbar aus seinem Hauptwerk Peri Archon (Über die Ursprünge), in dem es zusammenfassend heißt: „Die Güte Gottes wird durch Christus die ganze Welt zur ursprünglichen Einheit bringen.“
Das
alles blieb keineswegs nur Schriftwerk, sondern wirkte unter den
Mönchen und Nonnen weiter, die sich in den Wüsten Ägyptens,
Palästinas und Syriens anzusiedeln begannen, in der Absicht, ein
engelsgleiches Leben zu führen.
Ein
Nachfahr des Origenes, ein gewisser Euagrios Ponticos, führte
das Erbe Origenes' in seinen Werken weiter aus. 346 in der Provinz
Pontus (nordwestlich der Türke) geboren, kam er als junger Mann
nach Konstantinopel, wurde zum Diakon geweiht und machte sich einen
Namen als Prediger. Er hatte Umgang mit seinen berühmten
Landsleuten Gregor von Nyssa, dessen Bruder Basilius dem Großen
und Gregor von Nazianz, den so genannten
drei Kappadokiern, und ließ sich dann 382 unter den Mönchen
in Ägypten nieder, wo er den Rest seines Lebens verbrachte.
Der
Kirchenvater Gregor von Nyssa (335-394) lehrte die Rettung aller Menschenseelen,
die nach ihm von vielen in der byzantinischen Orthodoxie geteilt
wurde.
Er sagte, dass "es nicht hauptsächlich und
primär Strafe ist, was Gott den Sündern auferlegt, sondern
Er handelt ..., nur um das Böse von dem Guten zu trennen und es
in die segensvolle Gemeinschaft zu ziehen".
Die hier angesprochene Gemeinschaft ist eine Gemeinschaft, die so
aussehen wird, dass alle Geschöpfe "in ihrem
Verlangen und Wünschen dasselbe Ziel (nämlich Gott) haben
werden und dieses Ziel auch (an)schauen werden, und zwar ohne das
noch irgendwas Böses in ihnen anzutreffen wäre". Auch
andere Kirchenväter wie Didymus der Blinde, Diodor von Tarsus
und Theodor von Mopsuestia lehrten die Apokatastasis.
In
den 100 Jahren nach dem Tod des Origenes hatten sich die Lehren des
diamantenen Meisters bis ans Schwarze Meer
verbreitet, wo Euagrios und die Kappadokier herkamen. Die Zeit der
Christenverfolgung war zu Ende. Die bescheidenen Hauskreise der
Urchristen mutierten zu einer prunkvollen
Reichskirche, und in ihr spielten die Kappadokier eine führende
Rolle. Alle drei waren Anhänger des Origenes, gemäßigte
allerdings, während Euagrios den Diamantenen radikalisierte, was
die arrivierten Kirchenleute selbst nach seinem Tod so ärgerte,
dass sie ihn mit einer feierlichen Verfluchung zumindest den Tod
unangenehm gestalten wollten. Ob Gott das wohl gekümmert hat?
Bereits
als Euagrios noch in der nitrischen Wüste meditierte (80 km
nördlich vom heutigen Kairo), wurde
der erste Angriff gegen die Anhängerschaft des Origenes
durchgeführt. Ein gewisser Epiphanos, ein Ketzerhammer der
Spitzenklasse, reiste im Jahr 393 von seinem Bischofssitz auf der
Insel Zypern in seine Heimat Palästina und machte in Jerusalem
Stimmung gegen die Origenisten, sehr zum Ärger des dortigen
Bischofs, der ebenfalls zur origenistischen Fraktion gehörte und
sich diese Einmischung verbat.
Der
heilige Hieronymus, der in Bethlehem als Abt eines von ihm
gegründeten Klosters saß und dort die „Vulgata“
(eine Revision der lateinischen Bibeln) schrieb, lies sich davon
beeinflussen und vollzog eine ideologische Kehrtwendung. Quasi über
Nacht wandelte er sich von einem Verehrer des Origenes zu dessen
Feind, aus Furcht vor dem Verdacht der Häresie - ein früher
Wendehals. In seiner Erklärung des Propheten Jesaja
offenbart er sich doch: Er schreibt dort, dass die Verdammten später
reichlicher Tröstungen teilhaftig werden, dies aber geheim
gehalten werden müsse, damit die Gläubigen aus Furcht vor
den ewigen Höllenstrafen nicht sündigen.
Inzwischen
war aber auch der Patriarch von Alexandria
umgekippt, der mit den origenistischen Mönchen in der nitrischen
Wüste disziplinäre Schwierigkeiten hatte. Er ließ im
Jahr 400 auf einer Synode den Origenismus verurteilen und warnte die
ägyptischen Christen in Briefen, die während der
Ostergottesdienste verlesen wurden, vor den Blasphemien, dem Wahnsinn
und den verbrecherischen Irrtümern des Origenes, den er die
Hydra aller Irrlehren nannte.
Und das, obwohl der diamantene Chefideologe sehr prominente Freunde hatte. In Konstantinopel zum Beispiel wurde der heilige Chrysostomos in die Affäre verstrickt, weil er einigen aus Ägypten geflüchteten Mönchen von der origenistischen Partei Asyl gewährt hatte. Er musste deshalb in die Verbannung nach Armenien, von der er nicht mehr zurück kehren sollte. Schließlich verurteilte der Bischof von Rom einige Sätze aus den Schriften des Origenes, wobei sich herausstellte, dass diese Passagen gefälscht waren.
Und das, obwohl der diamantene Chefideologe sehr prominente Freunde hatte. In Konstantinopel zum Beispiel wurde der heilige Chrysostomos in die Affäre verstrickt, weil er einigen aus Ägypten geflüchteten Mönchen von der origenistischen Partei Asyl gewährt hatte. Er musste deshalb in die Verbannung nach Armenien, von der er nicht mehr zurück kehren sollte. Schließlich verurteilte der Bischof von Rom einige Sätze aus den Schriften des Origenes, wobei sich herausstellte, dass diese Passagen gefälscht waren.
Die
frohe Botschaft, dass Gott einmal jeden Mensch zu sich ziehen wird, hat sich dennoch nicht völlig
unterdrücken lassen. Jener Stephan bar Sudaili, dessen bohrende
Frage anfangs zitiert wurde, gilt als der Verfasser einer Schrift,
die als "Buch des Hierotheus" die Zeit überdauert hat.
In dem Werk steht eine Passage, die an 1. Kor. 15:25-28
erinnert und deren Radikalität
in der gegenwärtigen christlichen Beliebigkeit von erstaunlicher
Frische ist: "Die Züchtigung, mein Sohn, wird ein
Ende haben, der Geißler wird nicht länger geißeln,
der Richter nicht mehr richten, der Gefangene wird befreit. Die
Dämonen und die Menschen werden begnadigt, die Engel beendigen
ihren Gottesdienst, die Seraphim beschließen ihre
Lobpreisungen, die Throne bewachen nicht länger ihre Herrschaft.
Die übernatürlichen Ordnungen werden ebenso verschwinden
wie die natürlichen Unterscheidungen, und alles wird eins. Wenn
nämlich alle Unterschiede dahin sind, wer soll dann Fragen
stellen, und wonach? Wer soll dann antworten, und worauf?"
Dennoch
wagten es bis ins Mittelalter nur wenige, wie der Erzbischof Anselm
von Canterbury (um 1033 bis 1109), zu bekennen, dass "göttliche
Güte so groß ist, wie sie größer nicht gedacht
werden kann" und dass
Gottes Gerechtigkeit mit grenzenloser Barmherzigkeit gleichgesetzt
werden müsse. Der Nachwelt erhalten ist auch, dass im 9. Jahrhundert der
bedeutende irische Theologe Johannes Scotus Erigena, der 30 Jahre lang
(850-880) die Hochschule am Hof Karls des Kahlen leitete, in seinem Werk
die Sicht vertrat, dass sich Gott einmal mit allen Menschen versöhnen
wird.
[36,
S.46].
Stärkere Verbreitung fand die biblisch fundierte Ablehnung der Höllenlehre erst wieder bei einigen Reformatoren, wie Martin
Bucer (1491-1551) und dem deutschen Täuferführer
Hans Denk (1495-1527). Im Fall der Täufer ist beispielhaft ein Grund für
die Ablehnung der Sicht der Allversöhnung überhaupt zu erkennen.
Weil
die Großkirche aus anderen Gründen die Täufer ablehnte, wurde auch die
von ihnen vertretene Allversöhnung als Bestandteil des "Pakets" mit
abgelehnt und verketzert. Ähnlich war es bei der Ablehnung der
Apokatastasis Panton des Origenes.
Auch die bibeltreue Reformbewegung des Pietismus
(ab 1650), deren positive Auswirkungen insbesondere in Süddeutschland
immer noch spürbar ist, verurteilte die katholische Höllenlegende
als grauenvolles Märchen [49]. Deren
Superintendent Johann Wilhelm Petersen (1649-1727) führt
folgende klassische Definition an: Es ist das ewige Evangelium
eine fröhliche Botschaft von der Wiederbringung aller, da
verkündigt wird, wie dass alle Kreaturen, sie seien im Himmel,
auf Erden und unter der Erden, im Meer und in allen Tiefen, doch eine
jegliche in ihrer von Gott bestimmten Zeit und Ordnung nach
ergangener Läuterung hier in dieser Zeit oder in den zukünftigen
Äonen nach rückstelligen Gerichten auf die allergerechteste
Art und Weise des gerechten und gütigsten Gottes durch Jesum
Christum, den Anfang und Ende der Kreatur, den Wiederbringer aller
Dinge, Versöhner und Friedenmacher, von der Sünde und
Strafe der Sünden sollen errettet und in den vorigen Zustand,
darin sie waren, ehe die Sünde war, und noch in einen besseren
zum Preis, Ehre und Herrlichkeit des allerheiligsten und allmächtigen
Schöpfers versetzt und wiedergebracht werden. Die
Grundeinstellung teilten auch andere Pietisten, die die evangelikale
Landschaft nachhaltig geprägt haben, wie Christian Gottlieb
Pregitzer (-1824), Michael Hahn (gest. 1819) [40;
S.88-93], Friedrich Christoph Oetinger (gest. 1782) [33;
S.123], Johann Albrecht Bengel (gest. 1752) [39;
S.111-118], Jung-Stilling (gest. 1817) und die beiden
Blumhardts, Vater (gest. 1880) und Sohn (gest. 1919). Der junge Blumhardt erkannte: "Eine Hölle zu statuieren, wo Gott in alle Ewigkeit nichts mehr zu sagen hat, das heißt, das ganze Evangelium aufzulösen". Durch die
missionarischen Bestrebungen eines George de Benneville und den
deutschen Täufergruppen wurden diese Auslegungen in Nordamerika
verbreitet, wo sie dann vor allem durch Unitarier großen
Einfluss gewannen.
Obgleich mittlerweile viele Christen unterschiedlichster theologischer Prägungen die Aussöhnung des Alls erkennen können, bekennen sich dennoch nur relativ wenige Gruppen geschlossen dazu, wie beispielsweise die ehemalige Universalist Church of America (1793-1961) und die Bibelkonferenzstätte Langensteinbacher Höhe (Hartmut Maier-Gerber u.a.), die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Berlin-Hasenheide, die Gemeinde unter Gottes Wort München innerhalb der "Christlichen Allianz" sowie die niederländische Gemeinde Eben-Haëzer in Rotterdam. Zu nennen sind auch besonders aus dem freikirchlichen Bereich der "Bund gläubiger Lehrer und Akademiker" (Walter M. Borngräber, Adolph Heller, Karl Geyer), Heinz Schumacher, Adolph Ernst Knoch, Theodor Böhmerle, Arthur Muhl und der Bibelübersetzer Fritz H. Baader.
Nicht überraschend ist, dass sich auch Theologieprofessoren wie Ernst Ferdinand Ströter und Wilhelm Michaelis von der Höllenlehre getrennt haben. Der angesehene Bibelgelehrte Wilhelm Michaelis kam zu der Einsicht, dass die Lehre von der Allversöhnung "in der Schrift an den verschiedensten Stellen und mit bemerkenswerter, zudem durch keine Lehre von der ewigen Verdammnis gestörter Einmütigkeit bezeugt" ist. Nach sorgfältiger Prüfung aller biblischen Belegstellen kommt Michaelis zu dem Schluß: "Wie stark oder schwach die Allversöhnung bezeugt ist, sie ist die einzige Auskunft, die uns die Schrift über die allerletzten Ziele des Heilsplans Gottes gibt."
Obgleich mittlerweile viele Christen unterschiedlichster theologischer Prägungen die Aussöhnung des Alls erkennen können, bekennen sich dennoch nur relativ wenige Gruppen geschlossen dazu, wie beispielsweise die ehemalige Universalist Church of America (1793-1961) und die Bibelkonferenzstätte Langensteinbacher Höhe (Hartmut Maier-Gerber u.a.), die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Berlin-Hasenheide, die Gemeinde unter Gottes Wort München innerhalb der "Christlichen Allianz" sowie die niederländische Gemeinde Eben-Haëzer in Rotterdam. Zu nennen sind auch besonders aus dem freikirchlichen Bereich der "Bund gläubiger Lehrer und Akademiker" (Walter M. Borngräber, Adolph Heller, Karl Geyer), Heinz Schumacher, Adolph Ernst Knoch, Theodor Böhmerle, Arthur Muhl und der Bibelübersetzer Fritz H. Baader.
Nicht überraschend ist, dass sich auch Theologieprofessoren wie Ernst Ferdinand Ströter und Wilhelm Michaelis von der Höllenlehre getrennt haben. Der angesehene Bibelgelehrte Wilhelm Michaelis kam zu der Einsicht, dass die Lehre von der Allversöhnung "in der Schrift an den verschiedensten Stellen und mit bemerkenswerter, zudem durch keine Lehre von der ewigen Verdammnis gestörter Einmütigkeit bezeugt" ist. Nach sorgfältiger Prüfung aller biblischen Belegstellen kommt Michaelis zu dem Schluß: "Wie stark oder schwach die Allversöhnung bezeugt ist, sie ist die einzige Auskunft, die uns die Schrift über die allerletzten Ziele des Heilsplans Gottes gibt."
Zunehmend widmeten sich wieder Theologen der
Untersuchung der eigentlichen Aussagen der Bibel. Sie nahmen dabei keine
große Rücksicht mehr auf die tradionellen Lehrmeinungen.
Einer der größte Theologen des 19.
Jahrhunderts, Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, empfand so die
Vorstellung von der ewigen Verdammnis als unerträglich, weil
damit der größte Teil der Menschheit unwiederbringlich
verloren wäre und damit der Sieg der göttlichen Liebe
unvollendet bliebe.
Der Professor für Systematische Theologie Jürgen Moltmann argumentierte in seiner "Theologie der Hoffnung" gegen die katholische Höllenlehre. Moltmann zufolge geschieht die Versöhnung des Alls, die er im Kreuzestod Christi begründet sieht, durch das Weltgericht, in dem Gott einerseits alle Sünden vernichten und andererseits alle Sünder "aus ihrem tödlichen Verderben durch Verwandlung zu ihrem wahren, geschaffenen Wesen" retten werde [50, S.262-284].
Der Professor für Systematische Theologie Jürgen Moltmann argumentierte in seiner "Theologie der Hoffnung" gegen die katholische Höllenlehre. Moltmann zufolge geschieht die Versöhnung des Alls, die er im Kreuzestod Christi begründet sieht, durch das Weltgericht, in dem Gott einerseits alle Sünden vernichten und andererseits alle Sünder "aus ihrem tödlichen Verderben durch Verwandlung zu ihrem wahren, geschaffenen Wesen" retten werde [50, S.262-284].
Er schreibt darin außerdem: "Die
Logik der Hölle scheint mir nicht nur inhuman, sondern extrem
atheistisch zu sein: hier der Mensch in seiner freien Entscheidung für
Hölle oder Himmel - dort Gott als der Ausführende, der diesen Willen
vollstreckt. Gott wird zum Diener des Menschen degradiert. Wenn ich mich
für die Hölle entscheide, muss Gott mich dort hinstecken, obwohl Es
nicht sein Wille ist. Drückt sich so die Liebe Gottes aus? Und wo bleibt
die Allmacht Gottes? Menschen würden selbst ihrem Schicksal überlassen,
sie brauchen Gott eigentlich nicht, denn nur der Mensch bestimmt, was
passiert."
Auch der Basler Professor Ernst Stähelin bezog klar Stellung für die Allversöhnung. Der konservative Theologe Karl Barth, der größte Theologe des 20. Jahrhunderts, schreibt: Es gibt kein Recht, es sich verbieten zu lassen, dass in der Wirklichkeit Gottes immer noch mehr, als wir erwarten dürfen, dass in der Wahrheit dieser Wirklichkeit auch die überschwängliche Verheißung der endlichen Errettung aller Menschen enthalten sein möchte. Ebenso haben Hans Urs von Balthasar [47], Herman Schell (kath. Würzburger Dogmatiker, dessen diesbezügliches Werk "Gott und Geist" [48] auf dem Index landete), Paul Tillich u.a. die Höllenlehre abgelehnt. Einen wichtigen Beitrag leistete auch die Professorin für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Bern mit ihrem Werk "Allerlösung"[52].
Aus dem slawischen Bereich ist Waclaw Hryniewicz zu nennen, Theologieprofessor an der Katholischen Universität zu Lublin und Leiter des dortigen ökumenischen Instituts. Hryniewicz knüpft die Apokatastasis an die von ihm im seinen dreibändigen Werk postulierte Theologie der Passah Christi an. Vgl.: Chrzescijanstwo nadziei, Krakow 2002.
Der lutherische Theologe und Autor einer Monographie über den großen russischen Theologen Berdjaev Wolfgang Dietrich analysiert die Wiederbringung aller bei Berdjaev im ethisch-heilsgeschichtlichen Spektrum. Er betont dabei den allen russischen Denkern gemeinsamen Einspruch gegen die westliche augustinisch-juristische Sühne-Theorie (satisfactio) zugunsten einer offenen Heilserwartung, in der es keinen Denkraum für die strafende Vergeltung Gottes gibt: "Nicht nur müssen alle Gestorbenen vom Tode errettet und erweckt werden, sie müssen auch von der Hölle befreit und aus der Hölle herausgeführt werden. Darin besteht die letzte und äußerste Forderung der Ethik." Die Nicht-Möglichkeit einer bleibenden Hölle stellt für Berdjaev die Richtschnur der christlichen Zukunftserwartung dar und widerspricht der Pädagogik der Angst mit der Androhung ewiger Verdammnis.
Leider aber ist aber die böse Saat der Höllenlehre bereits großflächig verstreut worden und nur noch schwer aus manchen besonders evangelikal geprägten Köpfen zu entfernen.
Auch der Basler Professor Ernst Stähelin bezog klar Stellung für die Allversöhnung. Der konservative Theologe Karl Barth, der größte Theologe des 20. Jahrhunderts, schreibt: Es gibt kein Recht, es sich verbieten zu lassen, dass in der Wirklichkeit Gottes immer noch mehr, als wir erwarten dürfen, dass in der Wahrheit dieser Wirklichkeit auch die überschwängliche Verheißung der endlichen Errettung aller Menschen enthalten sein möchte. Ebenso haben Hans Urs von Balthasar [47], Herman Schell (kath. Würzburger Dogmatiker, dessen diesbezügliches Werk "Gott und Geist" [48] auf dem Index landete), Paul Tillich u.a. die Höllenlehre abgelehnt. Einen wichtigen Beitrag leistete auch die Professorin für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Bern mit ihrem Werk "Allerlösung"[52].
Aus dem slawischen Bereich ist Waclaw Hryniewicz zu nennen, Theologieprofessor an der Katholischen Universität zu Lublin und Leiter des dortigen ökumenischen Instituts. Hryniewicz knüpft die Apokatastasis an die von ihm im seinen dreibändigen Werk postulierte Theologie der Passah Christi an. Vgl.: Chrzescijanstwo nadziei, Krakow 2002.
Der lutherische Theologe und Autor einer Monographie über den großen russischen Theologen Berdjaev Wolfgang Dietrich analysiert die Wiederbringung aller bei Berdjaev im ethisch-heilsgeschichtlichen Spektrum. Er betont dabei den allen russischen Denkern gemeinsamen Einspruch gegen die westliche augustinisch-juristische Sühne-Theorie (satisfactio) zugunsten einer offenen Heilserwartung, in der es keinen Denkraum für die strafende Vergeltung Gottes gibt: "Nicht nur müssen alle Gestorbenen vom Tode errettet und erweckt werden, sie müssen auch von der Hölle befreit und aus der Hölle herausgeführt werden. Darin besteht die letzte und äußerste Forderung der Ethik." Die Nicht-Möglichkeit einer bleibenden Hölle stellt für Berdjaev die Richtschnur der christlichen Zukunftserwartung dar und widerspricht der Pädagogik der Angst mit der Androhung ewiger Verdammnis.
Leider aber ist aber die böse Saat der Höllenlehre bereits großflächig verstreut worden und nur noch schwer aus manchen besonders evangelikal geprägten Köpfen zu entfernen.
Billy
Graham, der weltweit bekannteste Evangelist, sagte laut "ideaSpektrum
35/06" gegenüber dem Magazin Newsweek,
dass er glaubt, "dass Gottes Liebe umfassend ist und dass er
seinen Sohn für die ganze Welt gab. Jeder wird geliebt,
unabhängig davon, was für ein Etikett [es ging um
Angehörige anderer Religionen] er trägt". Dies wurde
von idea als Bekenntnis zur Allaussöhnung ausgelegt.
Längst
ist geklärt (mehr...),
dass der eigentlich heidnische Begriff „Hölle“ zu
Unrecht in einige Bibelübersetzungen kam. Ebenso widerspricht die Höllenlehre wesentlichen Aussagen der Bibel über Gott und dem Kontext (mehr...) der Bibel insgesamt.
Bleibt nur noch die Frage, warum die europäischen Völker so
lange an den bösartigen Unsinn glauben mussten, gegen den sich
der junge Mönch am Beginn der christlichen Ära bereits
aufgebäumt hatte. Nicht er war der Ketzer, wie sich im
Nachhinein zeigt, sondern im Irrtum befanden sich die 400 Bischöfe
und 800 Abte, die das Dogma von der Ewigkeit der Höllenstrafen
verabschiedet haben, im November 1215 in Rom, unter jenem Papst
Innozenz, der sechs Jahre zuvor den Kreuzzug gegen die
südfranzösischen Albigenser befohlen hatte - das erste
Genozid aus Gesinnungsgründen.
Vertreter der biblischen Allaussöhnung werden auch heutzutage noch
mancherorts als Ketzer oder Irrlehrer beschimpft und oft sogar aus
"christlichen" Gemeinden vertrieben oder es wird ihnen Redeverbot
auferlegt. Besonders ist dies in "frei"-kirchlichen und evangelikalen
Mileus festzustellen.
So gesehen wirkt die Geschichte der Allversöhnungslehre wie ein
düsteres Gemälde der verfinsterten Vernunft, das nur von
wenigen Blitzen erhellt wird. Das Licht vom Himmel, wie Nikolaus
Lenau es genannt hat, setzt sich nur mühsam durch - aber
gelegentlich doch.
Quelle: http://www.weltmanager.de