(Zum Evangelium des Lukas, 5. Kapitel)
Diese Predigt, aus 64 Versen bestehend, ging bei der ersten großen Kirchenversammlung verloren. Hier aber wird sie von Wort zu Wort wiedergegeben zum Frommen der gläubigen Liebhaber des Herrn. - Die Predigt aber lautete mit den 3 vorhergehenden Versen also:
„Es begab sich aber, dass sich das Volk zu Ihm drang, zu hören das Wort Gottes aus Seinem Munde, da Er am See Genezareth war und vor dem großen Andrange des Volkes nicht Platz hatte, am Ufer zu stehen. Er sah aber zwei Schiffe am See(-Ufer) liegen, aus denen die Fischer ausgestiegen waren, ihre Netze zu waschen.
Da trat Er sobald in eines der beiden Schiffe, welches da des Simon war, und bat ihn, dass er es ein wenig vom Lande führete. Als solches der Simon voll Ehrfurcht und geheimer Liebe getan, da setzte Sich der Herr alsbald und begann aus dem Schiffe das Volk zu lehren.“ Und Er tat Seinen Mund auf und sprach laut zum Volke:
„Der Geist des Herrn ist über Mir, darum hat Mich der Herr gesalbet. Er hat Mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Eröffnung und den Gebundenen eine Erledigung, wie es der Prophet Jesajas gesagt hat. So höret denn ihr Elenden und jauchzet! Denn euer Licht geht auf wie die Sonne aus dem Meere, und eure Herzen werden hell leuchten wie die Wogen des Meeres im Lichte der aufgegangenen Sonne. Denn siehe, Finsternis bedecket das Erdreich und ein großes Dunkel all die Völker; aber über dir gehet auf der Herr, und Seine Herrlichkeit erscheinet über dir!
Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln und die Könige im hellen Glanze, der nun über dir aufgeht.
Freue dich, Zion, deinen Kindern und allen denen, die sich bekehren werden von der Sünde, ist ein Erlöser gekommen! Höre, also spricht nun der Herr:
Wie lange ist es wohl, dass ihr gebunden seid?! Und wer aus euch mag die Jahre zählen, die ihr schon von Uranbeginn her schmachtet?!
Eure Väter weinten, als sie Knechte wurden zu Babel; und Mütter herzten ihre Kinder und wehklagten.
Aber hier ist mehr als Babylon! - Ich habe die Kinder auferzogen; aber sie haben ihre Heimat vergessen; ihren Vater kennen sie nicht mehr.
Wehe euch, die ihr euch frei zu sein dünket! Denn ihr seid des Tempels Knechte geworden. Das ganze Haupt ist krank, und das Herz ist matt geworden.
Was soll Mir die große Menge eurer blinden Opfer? Solches spricht doch der Herr: „Ich bin satt geworden der Brandopfer von Widdern und des Fetten vom Gemästeten. Ich habe keine Lust zum Blute des Farren, der Lämmer und Böcke.
Wenn ihr aber hereinkommet, zu erscheinen vor Mir, saget, wer fordert solches von euren Händen, so ihr in Meinen Vorhof tretet? - Ich sage euch: Nicht Ich, nicht Der, der Mich gesalbt hat von Ewigkeit, sondern die Habsucht der Diener des Tempels und des Vorhofes.
Bringet daher nicht mehr Speisopfer so vergeblich! Das Rauchwerk ist Mir ein Gräuel und der Neumond und der Sabbat, da ihr zusammenkommet und habet nichts davon denn leere Mühe und tote Angst.
Meine Seele ist feind geworden allen euren Neumonden, Jahreszeiten, Festen und Jubeljahren! Ich bin ihrer Leerheit überdrüssig und bin müde geworden, noch länger zu schauen eure Torheit. Denn so ihr Gott nicht liebet, was sollen da eure toten Opfer Mir, dem Lebendigen!“ (Jes.1,11-14)
Also sprach und spricht auch nun der Herr: „So ihr aber den Vater von Herzen lieb habet, wozu dann des Tierblutes und des Rauchwerkes?“
Und Er sagte ihnen darauf dieses Gleichnis: „Es war eine Witwe, die hatte zwei Söhne. Der eine hieß Levi und der andere Josua.
Die Witwe aber war krank und ächzte und stöhnte auf ihrem Lager, und ihr Angesicht ward blass, und ihre Augen fingen an sich zu verdunkeln.
Da rief sie ihre Söhne zu sich und sprach zu ihnen: „Meine geliebten Söhne, höret mich, eure hinscheidende Mutter! Meine letzte Stunde ist gekommen. Gehet aber hin und betet, ob der Herr Sich etwa meiner erbarmen möchte oder möchte zu Sich nehmen meine Seele im Frieden.“
Da gingen die Söhne hinaus und weinten. - Und der Levi sprach: „Wer wird sich unser erbarmen und uns versorgen, wenn die Mutter von uns genommen wird?“
Aber Josua sagte: „Möchte ich doch lieber nichts haben als Brot und Wasser, wenn ich nur das Grab meiner Mutter nicht sehen müsste! - Lieber Bruder, lass uns hingehen und beten, ob der Herr Sich unser erbarme und sende Seinen Engel, dass Er die Mutter stärke und ihr Rettung bringe von oben!“
Und Levi, der Erstgeborene, ging hierauf in den Tempel und sprach bei sich selbst:
Ich will dem Herrn ein Brandopfer tun zum süßen Geruche, zwei junge Farren, einen Widder, sieben jährige Lämmer. Dazu als Speiseopfer drei Zehnten Semmelmehl mit Öl gemengt zu einem Farren, zwei Zehnten zu dem Widder und je einen Zehnten zu einem der sieben Lämmer.
Aber Josua ging hinaus unter die Palmen, kniete dort nieder, faltete seine Hände und betete also:
„Ach! Der Du hörest das Seufzen der Betrübten und das Weheklagen des zerbrochenen Herzens, siehe an meine Tränen und mein verfallenes Angesicht und hilf mir, Du lieber, heiliger Vater im Himmel!
Auf Dich allein hofft meine Seele! Erbarme Dich, du Trost der Elenden, erbarme Dich unser, o du lieber, guter, heiliger Vater!
Ich kann Dir ja nichts geben als nur dies mein armes, zerbrochenes Herz, aber ich will Dich lieben mit unendlicher Liebe und auf dem Wege der Gerechtigkeit wandeln mein Leben lang!“
Und sehet, ein heller Glanz verbreitete sich unter den Palmen und eine Stimme sprach aus der strahlenden Wolke: „Sie lebet! - Dein Bruder hat Mir Brandopfer gelobt; aber keine Träne hat seine Augen befeuchtet.
Du aber hast vor Mir gebetet und geweint und hast Mir dein Herz gegeben. Darum gehe aber auch hin im Frieden!“
Und als er heimkam, da trat schon seine Mutter aus der Hütte ihm entgegen, schloss ihn in ihre Arme und segnete ihn. Was meinet ihr, welcher Sohn da ein rechtes Opfer dem Herrn gebracht hat? - Ihr sprechet: „Josua!“
Ich aber sage euch: Eben darum hänget auch ihr euer Herz nicht an den leeren Tempel und pochet nicht darauf! Denn er ist von Menschenhänden gemacht und wird bald verwittern, da seine Zeit kommen wird, und seine Priester werden sterben.
Was dünket euch? - der Tempel ist groß zu Jerusalem und das Herz ist klein in der Brust. Aber dieses kleine Herz kann den großen, lebendigen Gott lieben. Ist es darum nicht ein schöneres und herrlicheres Werk als das, welches Salomo baute?
Habt ihr gelesen, was der Prophet Jesaja spricht? - Das ist sein Wort: „Ich will Gold anstatt des Erzes und Silber anstatt des Eisens bringen und Erz anstatt des Holzes und Eisen anstatt der Steine und will machen, dass deine Vorsteher den Frieden lehren sollen und deine Pfleger Gerechtigkeit predigen.“ (Jes.60,17)
Aber wo ist der Friede auf Erden? Und wo hauset die Ruhe unter den Menschen? Sehet, das Leben gleichet dem Schifflein im Meere, das stets hin und her wanket und immerdar geschlagen wird von den zornigen Wellen. Sie fahren stolz einher und bäumen sich hoch auf. Aber bald fallen sie zurück ins Meer und werden da zu nichtigem Schaume.
Ich bin von Gott gesandt, um Frieden zu bringen den Menschenkindern vom Aufgange bis zum Untergange; aber dem ungeachtet ruhet der Arge nicht, und der Teufel hat seine Apostel bis zu seiner Zeit.
Ich bin der Stein des Anstoßes und ein Fels der Ärgernis dem Hause Israel, zum Strick und Falle all den Heuchlern auf Erden, dass ihrer viele sich daran stoßen, fallen, zerbrechen, verstricken und gefangen werden.
Wehe euch Pharisäern und Sadduzäern, das Licht ist schon vormals dem Moses erschienen, als der Busch brannte im Feuer; aber ihr verbindet euch selber die Augen!
Das Gesetz des Herrn ist ewig und steht in eines jeden Menschen Herzen geschrieben; aber ihr, die ihr den Frieden predigen sollet, entzweiet die Menschen und verdammet da, wo ihr mit aller Liebe suchen sollet.
Ihr seid verkehrte Leiter und Führer des Volkes, und eure Kinder und Kindeskinder werden es noch ärger machen!
Ihr schlaget den Fels; aber er bleibet verschlossen. Ihr küsset noch die Rute Arons; aber sie grünet nicht mehr.
Höret, die ihr pflanzet die Zeder unter dem Felsen und bindet die Rebe an einen morschen Pfahl! Die Zeder wird dennoch grünen, und die Rebe wird sich an dem Felsen hinaufranken.
Hebet eure Augen auf und schauet ins Meer! Meinet ihr oft nicht: Die bergehohen Wogen wollen die Sonne verschlingen?
Ich aber sage euch: Es ist nur der Sonne Bild, das sie brechen; aber die Sonne waltet ganz unbekümmert um dieses Meeres Wogen am hohen Himmel und freut sich ihres ewigen Tages.
Darum sollet ihr die Herzen nicht binden und plagen mit vergeblichen Worten und nicht schreien: „Hier ist eine Schlange und dort ist eine!“ - da ihr doch selbst keine sehet und je gesehen habt.
Höret daher auf zu lehren das Volk, ihr Heuchler, Hurer und Ehebrecher, sondern lernet selbst von denen, die den Weg des Herrn suchen in der Liebe und Einfalt ihres Herzens!“
Und Er sagte ihnen abermals ein Gleichnis: „Nathan, der Alte, war gestorben und hatte zwei Söhne hinterlassen
und Malkah, seine Tochter. Diese Kinder befragten sich untereinander und sprachen: „Was meinte
doch unser Vater, als er starb und vor seinem Hinscheiden sagte, wir sollen sein Gedächtnis im Segen erhalten?“
Und die Söhne stritten und zankten darüber miteinander von der Frühe bis zum Untergange der Sonne.
Sie wollten ein Denkmal setzen - der eine von Holz, der andere von Marmor. Der eine wollte, dass die Überschrift lang, der andere aber, dass sie kurz sein sollte. Der eine wollte dieses Denkmal in den Garten, der andere aber an der Wegscheide setzen.
Am nächsten Tage kamen sie wieder zusammen und fingen von neuem an, miteinander zu hadern. Um die elfte Stunde aber, als es Abend ward und die Sonne sich neigte, ging Malkah allein zum Grabe und kniete da nieder, pflanzte einen Rosenstock auf das Grab des Vaters und benetzte denselben mit den Tränen ihrer Liebe.
Wahrlich, Ich sage euch: Sie hat das beste Denkmal dem Vater gesetzt und hat allein seinen Willen vollkommen erfüllet!
Ihr (Pharisäer und Sadduzäer) seid gleich den beiden Söhnen! Mit Holz und Steinen, mit Blut und Rauchwerk wollt auch ihr den Vater im Himmel ehren; aber eure Herzen sind ferne von Ihm!
Ihr könnet lange Gebete auswendig und noch längere traget ihr auf langen Streifen bei euch, damit die Menschen von euch glauben sollen, als wäret ihr groß, mächtig und angenehm vor Gott.
Aber das lebendige kurze Gebet im Herzen ist euch fremd, da ihr den Vater nicht kennet und Ihn noch nie erkannt habt.
Ihr saget gleichwohl: Wenn ein „ungereinigter“ Sünder vor Gott betet, so sündiget er noch ärger! - O ihr habsüchtigen, mörderischen Betrüger des Volkes! Was sollen demnach eure Gebete sein, da ihr doch stets vom Anbeginne schon voll Gräueltaten, voll Hurerei und Ehebruches waret! Propheten habt ihr gemordet und getötet alle, die euch nicht opferten in großen Massen, und ihr saget noch: „Wir sind Kinder Abrahams, Isaaks und Jakobs!“
Abraham, Isaak und Jakob erkannten aber den Vater, als Er zu ihnen kam. Was ist's denn, dass ihr Ihn nicht erkennet, da Er zu euch gekommen ist? - Weil ihr Kinder des Teufels, aber nicht Kinder Abrahams seid!
Ich aber sage euch: Diesmal wird es der Vater mit euern „Sündern“ halten und wohnen in ihren Häusern und wird Kost nehmen bei den Zöllnern. Euch aber wird Er schlagen mit der äußersten Finsternis, damit an euch erfüllet werde, was der Prophet Jesaja spricht, indem er sagt:
„Wer hat den Gerechten vom Aufgange erweckt, wer rief Ihn, dass Er ging? Wer gab die Heiden und Könige vor Ihm hin, dass Er ihrer mächtig ward, und gab sie Seinem Schwerte wie Staub und Seinem Bogen wie zerstreute Stoppeln?“ (Jes.41,2)
Viele bekehrten sich durch diese Rede.
Als aber darunter mehrere Pharisäer und Sadduzäer gewaltig zu schmähen anfingen und Er darum auch aufgehört hatte zu reden, da sprach Er zu Simon:
„Fahret auf die Höhe und werfet eure Netze aus, auf dass ihr einen guten Zug tuet!“
Das Fernere ist zu ersehen im Evangelium des Lukas, 5. Kapitel.
Diese Rede aber haben von Mir auch bekommen: Geiring, Tauler, Tersteegen, Lavater, Stilling und einige andere euch weniger Bekannte; darunter euch nur der Witschel bekannt ist. - Rom und andere Höfe haben sie wohl auch; aber sehr entstellt. (Himmelsgaben Bd. 2 S. 202ff)
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