Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



DNC: Nur wenige lieben das Kreuz Christi

Aus "Die Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen  |  Zweites Buch  |  Wege zum inneren Leben  |  Kapitel 11

1. Christusliebe ohne Kreuzesliebe. 
2. Christusliebe ohne Eigenliebe.


1. Jesus hat jetzt viele, die sein himmlisches Reich lieben, aber wenige, die sein Kreuz tragen wollen; viele, die nach seinem Trost verlangen, wenige, die Leiden begehren. An seinem Tische findet er Gäste genug, bei seinem Fasten aber nur wenige. Alle möchten sich mit ihm freuen, wenige nur wollen etwas für ihn leiden. Viele folgen Jesus bis zum Brechen des Brotes, wenige bis zum Trinken des Leidenskelches. Viele verehren seine Wunder, wenige teilen sich mit ihm in die Schmach des Kreuzes. Viele lieben Jesus, solange ihnen nichts Widriges begegnet. Viele loben und preisen ihn, solange sie einige Tröstungen von ihm empfangen. Wenn sich aber Jesus verbirgt und sich nur ein wenig von ihnen zurückzieht, verfallen sie in Klagen oder in große Trauer. Die aber Jesus um Jesu willen lieben und nicht, um selber Tröstungen zu empfangen, preisen ihn ebenso in jeder Not und inneren Verlassenheit als in der erquickendsten Tröstung. Ja, wenn er ihnen niemals Trost spenden sollte, sie würden ihn dennoch allezeit loben und ihm immer danksagen wollen. Wieviel vermag doch die reine Liebe zu Jesus, die keinen Eigennutz und keine Eigenliebe kennt! Müssen sie nicht alle als Lohnknechte angesehen werden, die immer nach Tröstungen haschen? Und wenn sie immer auf ihren Vorteil und Gewinn bedacht sind, beweisen sie nicht, daß sie mehr sich selbst als Christus suchen?
 
2. Wo findet man einen Menschen, der Gott unentgeltlich dienen möchte? Selten wird einer so innerlich erfunden, daß er von allem entblößt wäre. Denn einen Menschen, der wahrhaft arm im Geiste und von allem Geschöpflichen losgelöst ist, wer wird ihn finden? "Weither und von den äußersten Grenzen ist sein Wert" (Spr 31,10). "Gäbe der Mensch all sein Vermögen, es wäre nichts" (vgl. Hld 8, 7), und übte er große Buße, es wäre noch nicht viel; wenn er sich ein umfassendes Wissen erwürbe, so wäre er noch weit vom Ziele, und hätte er große Tugendkraft und besonders glühende Hingabe erreicht, es fehlt ihm noch viel, nämlich das Eine, was ihm am allermeisten nottut. Und das ist? Daß, nachdem er alles verlassen hat, er nun auch sich selbst verlasse und ganz aus sich herausgehe und nicht einmal einen Rest von Eigenliebe zurückbehalte. Und wenn er alles getan hat, was er als seine Pflicht erkannt hat, möge er sich vorkommen, als habe er nichts getan. Er denke bescheiden von dem, was etwa hoch eingeschätzt werden könnte und bekenne ehrlich, daß er nach dem Wort der ewigen Wahrheit nur ein unnützer Knecht ist. "Wenn ihr alles getan habt, was euch geboten war, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte" (Lk 17,10). Dann kann er, wahrhaft arm und entblößt im Geiste, mit dem Propheten sprechen: "Ich bin einsam und arm" (Ps 25,16). Dennoch ist niemand reicher, niemand mächtiger, niemand freier als der, der es versteht, sich selbst und die ganze Welt zu verlassen und sich zuunterst zu setzen.



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