Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



Schrifttexterklärungen: „Als Er das Buch zugerollt hatte, gab Er's dem Diener und setzte Sich. Und die Augen aller in der Synagoge waren auf Ihn gerichtet.“

Empfangen durch Jakob Lorber  •  Schrifttexterklärungen 36. Kapitel –  (bezugnehmend auf Lukas 4,20) 26. Februar 1844 abends
 

[36,01] „Als Er das Buch zugerollt hatte, gab Er's dem Diener und setzte Sich. Und die Augen aller in der Synagoge waren auf Ihn gerichtet.“
[36,02] Meine lieben Kinder! In diesem Texte wird bloß eine natürliche Aktion dargestellt, die auf das frühere Werk des Vorlesens des Propheten Jesajas notwendigerweise folgen mußte. Da aber in jeder Tat des Herrn ein innerer und allerinnerster Grund liegt, so liegt auch in dieser höchst natürlich scheinenden Bewegung ein solcher Grund; und in diesem Grunde muß ebenfalls wieder ein untrügliches Kriterium liegen, durch welches die volle Göttlichkeit Christi und somit auch aller Seiner Handlungen für alle Zeiten und für alle Ewigkeit beurkundet wird.
[36,03] Daß solches richtig ist, wollen wir sogleich durch eine kleine Betrachtung und Vergleichung dieses Textes mit den darauffolgenden Zeitverhältnissen so klar als nur möglich vor jedermanns Augen führen. Und so höret denn!
[36,04] Jesus las aus dem Propheten in einer Synagoge stehend vor. – Was bezeichnet dieses?
[36,05] Die ‚Synagoge‘ ist die Welt. Der Herr, der da aus dem Propheten stehend vorliest, bezeichnet, daß Er allzeit wachend und alle Verhältnisse und Geheimnisse überschauend Sein Wort der Welt nicht enthüllt, sondern verhüllt im naturmäßigen Sinne gibt. Denn der ‚Prophet‘ bezeichnet das Verborgene in dem Naturmäßigen; und der Herr aber zeigt, daß alles solches Verborgene nirgends anders enthüllt anzutreffen ist und auch nirgends anders erfüllt ist als nur in Ihm Selbst!


[36,06] Als der Herr das Buch gelesen hatte, da rollte Er es zu und übergab es dem Diener; Er aber setzte Sich, und die Augen und Ohren aller waren auf Ihn gerichtet. – Was besagt wohl dieses?
[36,07] „Der Herr rollt das Buch zusammen“ bezeichnet, daß Er auch für die Nachwelt den geistigen Sinn des Wortes verschließt. „Dann übergibt Er das zusammengerollte Buch dem Diener der Synagoge“, das besagt soviel: Er übergibt die verborgene Weisheit dem, der in ihrem Tempel, welcher für die Zukunft das Herz des Menschen ist, arbeitet.
[36,08] Darauf setzt Sich der Herr zur Ruhe, und aller Augen und Ohren sind auf Ihn gerichtet. Dieser Akt ist vorbildend und entsprechend dem Zustande, welcher sich seit der Auffahrt bis zu dieser Zeit in der Welt bei den Menschen vorfindet, da der Herr auch für die Außenwelt ruht wie nach einer Arbeit.
[36,09] Vieler Augen und Ohren sind auf Ihn gerichtet; aber Er schweigt und läßt Sich nicht erschauen wie in der Tätigkeit körperlich, sondern wie in Seinem Heiligtume langmütig ruhend, mit den Augen des Glaubens nur. Warum denn also? Weil die Menschen nur ihre Augen und Ohren, oder ihre Wißbegierde, nicht aber ihre Herzen nach Ihm richten. 

[36,10] Der Herr aber spricht dennoch ein wenig durch die Worte, da Er sagt: „Nun ist es vor euren Augen erfüllt, was der Prophet gesprochen.“ – Sehet, das ist soeben auch bei euch der Fall; denn nach der langen Ruhe ist Mein Geist auch über euch gekommen, da ihr Ihn gesucht habet, und enthüllt euch das zusammengerollte Buch, welches auch die Diener zu aller Zeit nur verhüllt in ihren Gemächern aufbewahrt hatten.
[36,11] Diese Diener sind gleich demjenigen in naturmäßiger Bedeutung, dem das Buch zusammengerollt übergeben ward. Es sind darunter zu verstehen alle diejenigen, die ihr in was immer für einer Kirche mit dem Namen ‚Priester‘ bezeichnet. Diese Diener werden das Buch nicht enthüllt bekommen, solange sie Diener der Synagoge sind.
[36,12] Aber ein jeder Mensch, wenn er ein rechter Diener ist in der wahren, neuen Synagoge seines Herzens, bekommt auch zuerst das Buch zusammengerollt und nicht enthüllt. So er aber in diesem Tempel ein getreuer Diener ist und fegt und reinigt ihn und achtet die heilige Rolle, da kommt der Herr und setzt Sich in dieser Synagoge, und es wird Ruhe und Friede werden in dieser Synagoge. Und wenn allda aus allen Teilen des Herzens Aug' und Ohr auf den Herrn gerichtet wird, da auch wird Er sagen: „Nun ist der Geist des Herrn über dir, und es ist enthüllt und erfüllt die heilige Rolle in deiner lebendigen Synagoge!“
[36,13] Sehet, das ist der überklare Sinn dieses ganz unscheinbaren Textes!
[36,14] Ich sage euch: Es mag jemand trachten und forschen, wie er will, um zu enthüllen diese Rolle; er mag alle Menschen, alle Geister und Engel fragen, so wird er aber dennoch nichts erreichen, – denn Ich allein bin die Tür!
[36,15] Was nützt es dem Menschen, so er sich fragt: „Habe ich ein ewiges Leben in mir?“ und darauf die Antwort erhält: „Das ewige Leben ist mir ein Rätsel, ein Zweifel; nichts habe ich davon in mir als die Begierde nach demselben!“
[36,16] Frage: Wem kann wohl dieser Trost genügen? Ist er nicht gleichbedeutend mit jenem Philosophem, mit dem sich der Weltweise also tröstet: „Gibt es ein Fortbestehen meines denkenden Ichs, so gewinne ich, – und gibt es kein Fortbestehen, so gewinne ich auch; denn für das Nichtsein ist das Plus und Minus eine gleiche Größe.“
[36,17] Ich aber frage wieder: Wem wohl kann solch ein Trost genügen, der den Wert des Lebens kennt? Kann's dem Lebendigen gleichgültig sein, ob er ist oder nicht ist? Wie aber kann überhaupt ein Mensch, der da ist, das Nichtdasein rühmen, da er ja doch unmöglich wissen kann, wie der Zustand des Nichtseins irgend beschaffen ist?!
[36,18] Ein jeder aber kann aus dem leicht ersehen, wie blind ein solcher Forscher sein muß, wenn er in der Mitte eines unendlichen Seins, in dem kein Nichtsein stattfinden kann, sich am Ende mit einem gänzlich unmöglichen Nichtsein vertrösten kann.
[36,19] Meinet ihr, in Meinem unendlichen Sein ist irgend eine Vernichtung möglich – oder irgend ein Platz, in dem das Nichts zu Hause wäre?
[36,20] Schon die naturmäßige Welt zeigt, so weit in die Tiefen Meiner Schöpfung euer Auge reicht, euch den schroffsten Gegensatz von irgendeinem Nichtsplätzchen; denn da erblicket ihr entweder Weltkörper oder den großen freien Raum, aber erfüllt mit Lichtäther und mit kreuz und quer waltenden Kräften aus Mir! Frage: Ist das nichts?
[36,21] Ich brauche diesen Satz nicht weiter auszudehnen, um zu zeigen die Torheit eines solchen Satzes. Aber für jeden will Ich sogleich hinzusetzen die echte Prüfung, wie er erforschen kann, ob irgend ein Nichts vorhanden ist, und sage:
[36,22] Durchfliege mit deinen Gedanken die Räume der Unendlichkeit! Wo du einen Raum finden wirst, dahinein dein Gedanke nicht zu dringen vermag, da magst du das Nichts suchen. Daß dir aber solche Arbeit ewig und unmöglich je gelingen wird, dessen kannst du völlig versichert sein! Denn wo der Gedanke hinreicht, da ist Sein, wo aber wird es sein, wo der Gedanke nicht hinreicht? Ich kenne dieses Wo nicht, und so wird es ein Weltweiser sicher noch weniger kennen.
[36,23] Haltet euch daher nicht ans eitle Forschen und törichte Erfahren; denn das wird euch nie Früchte bringen! Machet euch den Weg nicht vergeblich schwer, der so leicht ist, sondern ein jeglicher komme zu Mir, und er wird allda alles in der Fülle antreffen, was er auf sonstigen Wegen in Ewigkeit nicht erreichen wird; denn Ich allein bin die Tür allzeit wie ewig! Amen.




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