empfangen durch Jakob Lorber | Himmelsgaben Band 2 430421.1-19 – 21. April 1843
[HIM 2.430421.1] Gebe dieses Meinem lieben A. H. W. an seinem
Leibesnamenstage, da er wissen möchte, warum die Schwachheit besser ist
denn die Stärke.
[HIM 2.430421.2] Höre du, Mein geliebter Freund und Bruder in Meiner
Liebe zu dir! Was da deine drei dir etwas dunkel vorkommenden Texte
Meines lieben Paulus aus dem 12. Kapitel des zweiten Briefes an die
Korinther betrifft, so sind sie von Mir auch schon im Evangelium wie
auch in den Propheten hie und da ausgesprochen, besonders aber im Hiob,
im Jeremias und in den Bußpsalmen Davids.
[HIM 2.430421.3] Dessenungeachtet aber sind sie für ein noch etwas
schwaches Geistesauge ein wenig dunkel. Daher will Ich dir denn auch nun
zu deinem Tage eine kleine Lampe, gefüllt mit dem Gnadenöle aus Meiner
Liebe, geben. Diese Lampe wird dir dergleichen Texte so herrlich
erhellen, daß sie dir wie von der Sonne durchsichtig erleuchtet
vorkommen werden! – Und so höre denn! – Das aber ist und darin besteht
die Lampe:
[HIM 2.430421.4] Als Ich Selbst einmal zu Meinen Fleischzeiten auf
der Erde vor den Juden, Schriftgelehrten und Pharisäern die wahre
Rechtfertigung vor Gott darstellte, da sagte Ich folgendes Gleichnis,
welches aus dem Leben gegriffen war:
[HIM 2.430421.5] Ganz vorne vor dem Allerheiligsten brachte ein gar
vornehmer Pharisäer dem Herrn sein Dankgebet dar, indem er laut also
sprach: „O Herr! Ich danke dir, o Herr, daß Du mir solche große Stärke
verliehen hast, derwegen ich seit meinen Kinderjahren Dir allergetreuest
dienen konnte und habe mich noch nie an einem Gesetze versündiget gegen
Dich, o Herr! Denn ich habe die Gesetze Mosis gehalten bis auf ein
Häkchen. Ich verrichtete meine Standespflichten genau, ich opferte Dir
allezeit reichlichst und gab von allem den Zehnten pünktlich genau.
Ebenso auch verunreinigte ich mich nie, weder am Morgen, noch am
Mittage, noch am Abende. Und den Sabbat habe ich ebenfalls noch nie mit
einem Finger entheiligt.
[HIM 2.430421.6] O darum danke ich Dir, mein Gott, nun mit vollster,
überzeugender Inbrunst aller meiner von Dir mir gütigst verliehenen
Kraft, derwegen ich stets gerecht gewandelt habe vor Dir und bin
gerechtfertigt vom Scheitel bis zur Zehe und bin nicht ein Sünder gleich
den gemeinen Juden, gleich den Landstreichern, gleich den Tagdieben,
Räubern und Mördern, gleich den Hurern und Ehebrechern, gleich den
Sabbatschändern und Schweinefressern und nicht im geringsten gleich all
den öffentlichen Sündern, Gauklern, Tänzern, Komödianten, Zauberern,
Zöllnern und niedrigen Wucherern und nicht im geringsten gleich den
Samaritern und dergleichen mehr!“ – Das war so etwa das Dankgebet des
gerechten Pharisäers.
[HIM 2.430421.7] Aber ganz im Hintergrunde des Tempels stand auch ein
sündiger Zöllner. Dieser getraute sich kaum seine Augen aufzuheben und
sprach in der völligen Zerknirschung seines Gemütes:
[HIM 2.430421.8] „O Herr! Ich armer, schwacher Sünder bin nicht wert,
Dein Heiligtum zu schauen, nicht wert, auch nur am letzten Platze
Deines Tempels zu stehen! Sei, o Herr, mir armem, schwachem Sünder aber
gnädig und barmherzig, wenn ich je noch einer Erbarmung im
allergeringsten würdig bin!“ – Hier schlug der Zöllner sich auf die
Brust und verließ weinend den Tempel!
[HIM 2.430421.9] Wer von diesen beiden ging nun wohl gerechtfertigt
aus dem Tempel? – Ich sage dir jetzt, wie Ich es damals gesagt habe:
Keineswegs der prahlerische Pharisäer, der Mir seine Gerechtigkeit
vorrechnete und sich für viel besser hielt als alle andern; sondern der
schwache, sündige Zöllner, der sich für schlechter hielt als alle
andern. Darum kam Ich später auch in sein Haus und aß und trank mit ihm
und nahm ihn als einen Bruder zu Mir und Meinen Brüdern auf.
[HIM 2.430421.10] Nun siehe, wenn demnach der Zöllner Mein Freund
wurde, der Pharisäer aber gerade das Gegenteil, so wird es doch etwa
klar sein, warum Paulus spricht: „Auf daß ich mich nicht der hohen
Offenbarung überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich ein
Engel Satans (d.i. fleischliche Liebe oder fleischliche Lustbegierde),
damit er mich mit Fäusten schlage.“ – Desgleichen spricht auch Hiob:
[HIM 2.430421.11] Was ist wohl leichter, als sich in einem hohen Amte
zu überheben und sich für besser zu halten denn alle seine Brüder,
denen ein solches Amt nicht zuteil ward!? Was aber ist für des Menschen
Geist wohl auch gefährlicher als eben solch eine gar leicht mögliche
Überhebung?!
[HIM 2.430421.12] Darum also war es auch für Paulus und jeden seines
Amtes nötig, eine beständige Mahnung im Fleische zu haben, die so zu ihm
sprach: „Siehe, du bist nur ein Mensch und durchaus kein Gott! So oft
du fallen wirst vor Mir, will Ich dich wieder aufrichten, damit du
gedenkest, daß du nur ein Mensch seiest!“ – Paulus merkte in sich
solchen Jammer. Darum bat er Mich auch dreimal heftig, daß Ich ihn von
dieser Probe befreien solle.
[HIM 2.430421.13] Ich aber sprach zu ihm darauf: „Lasse dir an Meiner
Gnade genügen, denn Meine Kraft ist nur in den Schwachen mächtig!“ –
d.h. so sie ihre Schwäche lebendig erkennen, wie denn auch Paulus darauf
bekennet, da er spricht: „Also will ich mich denn am allerliebsten
rühmen meiner Schwachheit, auf daß allzeit die Kraft Christi bei mir
wohne! Und darum denn bin ich, Paulus, nun auch stets guten Mutes in
meinen Schwachheiten, in Schmach, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten
um Christi willen. Denn ich weiß es ja, daß ich nur dann stark bin, so
ich schwach bin!“
[HIM 2.430421.14] Warum denn also? – Weil Paulus wohl wußte, daß Ich
dem Schwachen und dadurch Demütigen stets näher bin als einem Starken
oder sich wenigstens törichterweise für stark Wähnenden!
[HIM 2.430421.15] Wer fällt wohl öfter im Gehen als die Kindlein?!
Und dennoch sage Ich: „So ihr nicht werdet wie die Kleinen, werdet ihr
nicht eingehen in Mein Reich der Himmel!“ – Daraus kannst du auch
ersehen, warum sich der Paulus seiner Schwäche rühmte.
[HIM 2.430421.16] Aber auch daraus kannst du es ersehen, daß der gute
Hirte die 99 gerechten Schafe verläßt und gehet suchen das hundertste
Verlorene, und so Er es findet, es sobald unter der größten Freude auf
Seine Achsel legt und es nach Hause trägt! – Und endlich kannst du den
Schwachheitsruhm des Paulus auch daraus gar deutlich verstehen, daß der
Vater nur dem verlorenen Sohne entgegenkam, ihn aufnahm, ihm dann sogar
ein großes Gastmahl bereitete, ihn schmückte mit dem Herrnringe und ihn
setzte in die größten Ehren!
[HIM 2.430421.17] Ich meine, Mein Freund und Bruder A. H.-W., mit
dieser Lampe beleuchtet, wird es dir nicht mehr schwer werden,
dergleichen Texte aus dem Grunde lebendig zu verstehen! – Ich, dein
Vater und Gott Jesus, sage dir aber noch hinzu:
[HIM 2.430421.18] Wer da kämpfet in seiner Schwäche und sieget, ist
Mir ums Tausendfache lieber als ein Starker, dem der Sieg ein leichtes
ist. – Wenn der Schwache fällt, da will Ich ihn aufrichten, wie oft er
auch immer fällt. Aber der Starke mag sich selbst aufrichten, so er
gefallen ist.
[HIM 2.430421.19] Dies also sei dir ein gutes Bindeband von Mir,
Jesus, an deinem Tage! Denn Ich binde dich dadurch in deiner Schwäche an
Meine Stärke. Des sei völlig versichert zeitlich wie ewig! – Ich, dein
lieber Vater Jesus! Amen.