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DNC: Ungeordnete Gesinnungen


Aus "Die Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen  |  Erstes Buch  |  Anleitung zum geistlichen Leben  |  Kapitel 6

1. Der Quell seelischer Unruhe. 
2. Bezwinge dich, und du findest Ruhe.

1. Sobald der Mensch etwas begehrt, was gegen die Ordnung verstößt, erfaßt ihn sogleich die Unruhe. Hochmütige und Geizige kennen keine Ruhe, der Arme im Geist und der Demütige leben im vollen Frieden. Wer sich noch nicht gänzlich abgestorben ist, gerät leicht in Versuchung, er strauchelt über die geringsten Kleinigkeiten. Ein Mensch von schwachem Geist, der noch irgendwie dem niederen Menschen und dem Sinnenhaften zugeneigt ist, kann sich nur schwer
von den irdischen Wünschen völlig loslösen. Er wird oft traurig, wenn er sich ihnen entzieht, und wird leicht zornig, wenn ihm einer in den Weg tritt.
 
2. Hat er aber erreicht, was er begehrt, drückt ihn sogleich der Vorwurf des Gewissens, weil er seiner Leidenschaft folgte, die ihm nicht zu dem gesuchten Frieden verhilft. Wahren Herzensfrieden findet man nur im Kampf gegen die Leidenschaften, nicht aber darin, daß man ihnen nachgibt. In einem irdisch gesinnten Herzen, das sich an äußere Dinge verliert, ist kein Frieden, wohl aber in einem Menschen von Geist und Glut.