Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



Text des Tages: Von der überragenden Würde des freien Geistes, die eher durch demütiges Gebet als durch Lektüre erreicht wird


Die Nachfolge Christi  |  drittes Buch  |  Kapitel 26

1. Der Geist erhebt sich frei und leicht zum Himmlischen, wenn er sich der Welt,
den ängstlichen Lebenssorgen und den Folgen der Erbsünde möglichst entzieht.
2. Diese innere Freiheit erwirbt man besonders durch Gebet.



1. (Der Knecht:) Herr, das ist wohl das vollkommene Leben des Menschen, wenn sein Geist nie ermattet in der Betrachtung himmlischer Dinge und er sich mitten in den vielen Sorgen gleichsam sorgenlos bewegt. Nicht nach der Weise eines Gleichgültigen, sondern nach einem gewissen Vorrecht, das der freie Geist besitzt, indem dieser keinem Geschöpfe in ungeordneter Zuneigung anhängt. Ich bitte dich, mein guter Gott, bewahre mich vor den Sorgen dieses Lebens, daß ich nicht allzusehr in sie verstrickt, vor den vielen Nöten des Leibes, daß ich nicht von der Genußsucht erfaßt werde, vor all den Hemmnissen der Seele, daß ich nicht unter der Last der Mühen erliege. Ich bitte nicht gerade um Schutz vor jenen Dingen, auf die weltliche Eitelkeit ihr ganzes Begehren richtet. Aber vor jenem Elend schütze mich, das dem allgemeinen Fluch der Sterblichkeit zufolge die Seele deines Dieners als Strafe beschwert und behindert. Ich bin sonst nicht imstande, mich nach Belieben zur Freiheit des Geistes aufzuschwingen.
 
2. Mein Gott, meine Wonne, für die es keine Worte gibt! Verwandle mir in Bitterkeit allen irdischen Trost, alles, was mich von der Liebe zum Ewigen ablenkt. Laß mir bitter werden alle zeitlichen schillernden Güter, die mein Auge trügerisch fesseln. Mein Gott, verhüte, daß Fleisch und Blut über mich siegen, daß die Welt und ihre kurze Herrlichkeit mich täuscht, und daß der Teufel mit seiner Arglist mich zu Fall bringt. Gib mir Kraft zum Widerstehen, Geduld zum Ertragen, Festigkeit zum Ausharren! Statt aller Tröstungen der Welt schenke mir die wohltuende Salbung deines Geistes, und statt aller sinnlichen Liebe gieße mir die Liebe zu deinem Namen ein. Siehe, Speise, Trank, Kleidung und was sonst zur Erhaltung des Leibes gehört, sind dem geistentbrannten Menschen lästig. Laß mich dieses alles mit Maß gebrauchen, ohne Gier, ohne mich in ihnen zu verstricken. Alles einfach abtun darf man nicht, denn die Natur will erhalten werden: Aber den Überfluß suchen und das, was mehr der Genußsucht dient, verbietet ein heiliges Gesetz; denn sonst würde sich der Leib gegen den Geist erheben. Deine Hand geleite mich auf allen diesen Wegen und belehre mich; das ist meine Bitte. Lehre mich rechte Maßhaltung.





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