Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Alten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen. Auch will ich zur selben Zeit über Knechte und Mägde meinen Geist ausgießen. Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden: Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Und es soll geschehen: Wer des HERRN Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Joel 3



Philothea: Die Frömmigkeit paßt zu jedem Stand und Beruf.


Aus der Philothea von Franz von Sales  /  erster Teil  /  3. Kapitel 

Bei der Schöpfung befahl Gott den Pflanzen, Frucht zu tragen, jede nach ihrer Art (Gen 1,11). So gibt er auch den Gläubigen den Auftrag, Früchte der Frömmigkeit zu tragen; jeder nach seiner Art und seinem Beruf. Die Frömmigkeit muß anders geübt werden vom Edelmann, anders vom Handwerker, Knecht oder Fürsten, anders von der Witwe, dem Mädchen, der Verheirateten. Mehr noch: die Übung der Frömmigkeit muß auch noch der Kraft, der Beschäftigung und den Pflichten
eines jeden angepaßt sein.

Wäre es denn in Ordnung, wenn ein Bischof einsam leben wollte wie ein Kartäuser? Oder wenn Verheiratete sich so wenig um Geld kümmerten wie die Kapuziner? Kann ein Handwerker den ganzen Tag in der Kirche verbringen, wie die Mönche es tun? Dürfen anderseits Mönche aus beschaulichen Orden jedermann zur Verfügung stehen, wie es der Bischof muß? - Eine solche Frömmigkeit wäre doch lächerlich, ungeordnet, ja unerträglich. Solche Dinge kommen aber oft vor. Weltmenschen, die den Unterschied zwischen der Frömmigkeit und ihren Zerrbildern nicht kennen oder nicht kennen wollen, schmähen dann die Frömmigkeit, die wahrhaftig keine Schuld an solcher Unordnung trifft.
Nein, echte Frömmigkeit verdirbt nichts; im Gegenteil, sie macht alles vollkommen. Verträgt sie sich nicht mit einem rechtschaffenen Beruf, dann ist sie gewiß nicht echt. Die Bienen, sagt Aristoteles, entnehmen den Blumen Honig, ohne ihnen zu schaden; sie bleiben frisch und unversehrt. Die echte Frömmigkeit schadet keinem Beruf und keiner Arbeit; im Gegenteil, sie gibt ihnen Glanz und Schönheit. Kostbare Steine erhalten einen höheren Glanz, jeder in seiner Farbe,
wenn man sie in Honig legt. So wird auch jeder Mensch wertvoller in seinem Beruf, wenn er die Frömmigkeit damit verbindet. Die Sorge für die Familie wird friedlicher, die Liebe zum Gatten echter, der Dienst am Vaterland treuer und jede Arbeit angenehmer und liebenswerter.
Es ist ein Irrtum, ja sogar eine Irrlehre, die Frömmigkeit aus der Kaserne, aus den Werkstätten, von den Fürstenhöfen, aus dem Haushalt verheirateter Leute verbannen zu wollen.
Gewiß, die beschauliche und klösterliche Frömmigkeit kann in diesen Berufen nicht geübt werden. Aber es gibt ja außerdem noch viele Formen eines frommen Lebens, die jene zur christlichen Vollkommenheit führen, die in einem weltlichen Stand leben. Im Alten Bund sehen wir als Beispiele Abraham, Isaak, Jakob, David, Job, Tobias, Sara, Rebekka, Judith. Im Neuen Bund führten ein Leben vollkommener Frömmigkeit die Heiligen Josef, Lydia, Krispin in den Werkstätten, Anna, Martha, Monika, Aquila und Priszilla im Haushalt, Kornelius, Sebastian, Mauritius als Soldaten, Konstantin, Helena, der hl. Ludwig, der selige Amatus, der hl. Eduard auf dem fürstlichen Thron.
Es ist sogar geschehen, daß Menschen ihre Vollkommenheit in der Einsamkeit verloren haben, obwohl sie für ein frommes Leben so geeignet ist, und sie inmitten der Gesellschaft bewahrt haben, die dafür wenig günstig erscheint. Von Lot sagt der hl. Gregor, er sei in der Stadt ganz keusch geblieben, in der Einsamkeit habe er seine Seele befleckt. Wo immer wir sind, überall können und sollen wir nach einem Leben der Vollkommenheit streben.





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